Es war immer alles in Ordnung - aber nicht für beide Partner.

Thomas* kommt verzweifelt in die Männerberatung. „Meine Frau will sich scheiden lassen“ presst er hervor und die Tränen rinnen ihm über die Wangen, so tapfer er auch versucht sie zu verdrücken.

Er hatte bis vor kurzem noch geglaubt, dass „eh alles in Ordnung ist“. Dabei zählt er alles auf, was sie doch hat: die neue Küche, das Zweitauto, das schöne Häuschen mit Garten.....

Und er rackert sich dafür ab und glaubt dabei, dass das reichen muss. Tut es aber nicht. Jedenfalls nicht für seine Noch-Frau. Sie ist bei allem materiellen Wohlstand emotional ausgehungert, die anfängliche Liebe ist flüchtig wie bei einem Ballon, dem die Luft entwichen ist.

Ein nachfolgendes Gespräch mit beiden zusammen bestätigt die Befürchtung, dass „der Zug abgefahren ist“. Thomas muss akzeptieren, das seine Frau unter keinen Umständen mehr bereit ist, die Ehe fortzusetzen. Beide willigen schließlich in eine Mediation ein.

* ) Name von der Redaktion geändert

Was können Menschen aus einer Scheidung lernen?

 Jede Beziehungskrise – und auch die Trennung oder Scheidung – birgt die Chance, neue Erkenntnisse zu bekommen, die im weiteren Leben und für künftige Beziehungen nützlich sind.

Männer wie Frauen können dann etwas lernen, wenn sie hinschauen, wo das Problem war. Und sich damit auseinandersetzen. Am besten mit einem guten Freund/einer guten Freundin, oder mit einer neutralen Person in einer Beratung. Wenn zwei Menschen eine Beziehung aufbauen, sind beide daran beteiligt. Wenn die Beziehung in Brüche geht auch. Wirklich lernen aus Enttäuschungen und leidvollen Erfahrungen kann, wer sich nicht als Opfer sieht, sondern wer die Verantwortung für seinen Teil übernimmt. Wer dies nicht tut, läuft Gefahr, bei der nächsten Beziehung dieselben Fehler zu wiederholen.

Thomas ist heute bereit, an sich zu arbeiten. Er hat schon erste Schritte gemacht, indem er sein berufliches Zeitbudget auf 80% reduziert hat. Mit den gewonnenen 20% will er schrittweise neue Prioritäten setzen: einen Papanachmittag oder –Abend pro Woche  mit den Kindern, ein altes und ruhend gestelltes Hobby wieder zum Leben erwecken. So wird auch bei ihm wieder langsam wirkliches Leben spürbar. Neuerdings unternimmt er sogar mit seiner inzwischen geschiedenen Frau Ausflüge und berichtet, dass sie schon lange nicht mehr so gut miteinander reden konnten.

 

Albert A. Feldkircher

Ehe- und Familienzentrum der Diözese Feldkirch

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