Zur Versöhnung auf das Trennende und das Verbindende schauen

Aus der Praxis: Ich beginne – it’s my way – mit einer kleinen Geschichte:
Ein Vater schreibt aus Kalifornien einen Brief an seinen Sohn ins entfernte Deutschland: „Mein lieber Sohn: Ich möchte so gerne ein großes Gemüsebeet im Garten anlegen, aber du weißt, ich bin alt und die Arbeit des Umgrabens ist mir zu schwer geworden. Kannst du nicht kommen und das für mich machen?“ Nach einigen Tagen kommt ein Telegramm aus Deutschland: „Lieber Vater! Rühr bitte nichts an im Garten! Es ist wegen des Schatzes! Dein Sohn Achim.“ Einen Tag später erscheinen Leute vom FBI und vom CIA beim alten Mann, durchsuchen den ganzen Garten, graben auf, aber finden nichts und ziehen erfolglos wieder ab.“ Tags darauf kommt ein weiteres Telegramm aus Deutschland: „Mein lieber Vater! Jetzt kannst du dein Gemüse anpflanzen. Mehr konnte ich im Moment nicht für dich tun. Dein dich liebender Sohn Achim!“

Manche Männer schleppen ein Grundgefühl von Wut oder Hass gegenüber ihrem Vater mit sich. Oft wurzelt dieser Hass in der Trauer über mangelnden Kontakt und Liebe.

Wenn ich daran zurückdenke, wie mein Vater mich als Kind oder Jugendlichen für seine Arbeiten zuhause einspannen wollte und ich mich öfters heimlich davonschlich, kommen mir jetzt noch Schuldgefühle. Heute, da ich selbst Vater und Großvater bin, weiß ich, wie Mithilfe und Unterstützung gut tut.

„Unser“ Spiel. Woran ich mich hingegen gerne erinnere, sind die Zeiten, wenn wir zusammen in den Wald gingen. Mein Vater liebte den Wald und wir hatten dort auch manchmal etwas zu arbeiten. Am schönsten aber war „unser“ Spiel: Mein Vater konnte jeden Baum an seiner Rindenstruktur erkennen. Er musste die Augen schließen, ich führte ihn zu einem Baum, er musste ihn abtasten und raten. Fast immer hat mein Vater den Baum erkannt. Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass seine Hände mich so zärtlich berühren würden. Aber das war nicht meines Vaters Stärke.

Etwas nachtragen. Nicht wenige Männer tragen ihrem Vater irgendetwas nach. Manchmal sind es einzelne Ereignisse, Verletzungen, Demütigungen. Manche Männer schleppen ein Grundgefühl von Wut oder Hass gegenüber ihrem Vater mit sich. Nicht selten wurzelt dieser Hass in der Trauer über zu wenig Kontakt und Liebe.

Versöhnung. Ein erster Schritt zur Versöhnung mit dem Vater – und damit auch mit sich selbst! – ist das Hinschauen auf die eigene Beziehung mit dem Vater, auf das Trennende und das Verbindende. Ich selbst habe das nach dem Tod meines Vaters gemacht, schriftlich, als Brief an ihn.

Was möchten Sie Ihrem Vater (noch) sagen?

Albert A. Feldkircher, Lebens- und Sozialberater, Trainer, Männerberater.
Der Autor ist Jahrgang 1947, verheiratet mit Monika, zwei Söhne, fünf Enkelkinder, gelernter Exportkaufmann, im zweiten Berufsweg Berater und Trainer, Buchautor.

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