Spricht man von der Anzahl der Katholik/innen, fallen einem oftmals als erstes die jährlich austretenden Personen ein. Unter den Tisch fällt dabei aber die kleine Gruppe jener Menschen, die wieder ihren Weg in die Kirche gefunden haben. Oft sind es genau diese Menschen, die das, was die Kirche gibt und ausmacht, sehr bewusst wahrnehmen.

Es war der Kirchenbeitrag woran sich die Geister von Martin H.* und den offiziellen Stellen letztendlich schieden. „Ich war viel zu hoch eingestuft“, kann sich H. noch erinnern. Auch der Dialog mit der Kirchenbeitragsstelle trug damals keine Früchte. „Und so dachte ich mir, dass ich meinen christlichen Glauben auch ohne die katholische Kirche leben und ausüben kann.“ Der Familienvater trat aus: Ein schneller formaler Akt bei der Bezirkshauptmannschaft und die Sache war erledigt.

Dann kam der Zweifel

„Das (der Aus- und Eintritt) ist jetzt schon eine lange Zeit her. Meine Kinder waren damals noch klein“, sagt Martin H. Er selbst war und ist ein sehr gläubiger Mensch und das von klein auf. „Ich dachte mir, dass ich in meinem täglichen Leben auch ohne die Institution Kirche auskommen kann. Irgendwas fehlte mir aber seit meinem Austritt,“ sagt er. „Ich ging zwar mit den Kindern schon noch in die Kirche und zündete dort Kerzen an, irgendetwas war aber nicht mehr da. Das hat mich eine ganze Weile beschäftigt, dieses fehlende Puzzleteil in meinem Leben.“ Gerade weil er sehr gläubig sei, habe ihn wahrscheinlich auch sehr belastet, dass er ausgetreten war, meint Martin H.

Im Gespräch mit Pfr. Büchel

Und dann hielten auch noch Schlafstörungen Einzug im Haus von Martin H. „Die Kinder konnten schon eine Weile nicht mehr gut schlafen und ich wusste nicht, woran es lag“, sagt er. „Deshalb habe ich nach einer Weile unseren Pfarrer Rainer Büchel kontaktiert.“ Martin H. wollte dabei erstmals nur sein Haus segnen lassen. Aus dem Pfarrerbesuch - Pfr. Rainer Büchel segnete alle Räume - entwickelte sich aber bald ein sehr tiefes und nettes Gespräch. „Am Ende des Gesprächs habe ich dann gewusst, dass ich wieder eintreten will“, sagt Martin H.
Zwischen dem Aus- und dem Eintritt verging kein Jahr. „Der Wiedereintritt war eigentlich ganz einfach“, erinnert sich H. „Einfacher sogar als der Austritt.“ Martin H. ließ sich von Pfr. Büchel alles genau erklären und ging dann zum Pfarramt nach Koblach. Dort musste er nur kurz seine Situation schildern und schon war er wieder zurück im Schoß der Kirche. „Der Eintritt war eine richtige Erleichterung“, weiß der Familienvater noch genau. „Mir fiel eine richtige Last von den Schultern.“

Der Vorgang ist nun schon einige Jahre her - bereut hat ihn Martin H. bisher nicht. „Ich glaube nicht, dass sich etwas groß verändert hat. Ich fühlte mich mit oder ohne Kirche vom lieben Gott unterstützt“, sagt er. „Ich glaube aber, dass ich seither wieder mehr Glück habe im Leben.“ Martin H. denkt, dass es sicher vielen Menschen schon so ergangen ist wie ihm - die zwar aus der Kirche ausgetreten sind, sich aber nicht vom Glauben verabschieden wollen.

Was sein kirchliches Engagement betrifft, genießt Martin H. das Dabeisein. „Aufgrund meiner Arbeit kann ich nicht wöchentlich in der Messe sein“, sagt er. „Aber der Glaube ist ja viel mehr als der Kirchgang. Er ist das tägliche Leben.“ Nichtsdestotrotz spüre aber auch er in der Kirche das Besondere: „Wenn ich eine Kirche betrete, fühle ich sofort die mystische Stimmung - eine harmonische, feine Stimmung. Da spürt man die Verbindung nach oben.“ Auch mit Pfarrer Rainer Büchel verbindet Martin H. heute noch eine tiefe Beziehung. „Rainer besuchte uns auch nach meinem Beitritt einige Male, nicht nur als Pfarrer, sondern als Freund“, sagt Martin H.

Mehrere Eintritte

Auch für Pfr. Rainer Büchel sind solche Wiederfindungsgeschichten eine große Bereicherung im Alltag. „Es kommen immer wieder Menschen zurück in die Kirche“, sagt Pfr. Büchel. „Ein großer Teil sind dabei jene, die gerne ein Kind als Gota oder Göte bei der Taufe oder Firmung begleiten möchten. Es ist nun aber auch schon öfters vorgekommen, dass junge Familienväter wieder eintreten wollten“, informiert Pfr. Büchel (mehr zu den aktuellen Ein- und Austritten auf S. 2).

So würden Menschen oft im jungen Alter austreten, da sie keine große Beziehung zur Kirche spüren würden. Mit der eigenen Familiengründung ziehe es aber viele wieder zurück. „Mit einer Familie kommt die Verantwortung und viele junge Menschen wollen dann auch im religiösen Bereich Klarheit schaffen“, berichtet Pfr. Büchel.

Was nach dem Eintritt dann komme, könne jeder für sich selbst entscheiden. „Das Kirchliche ist ein Stück weit auch ein Anbieter von religiösen Inhalten“, sagt Pfr. Büchel. „Manche nehmen vieles in Anspruch und werden aktiv, gehen jeden Sonntag in die Kirche. Und wieder anderen reicht hier das Dabeisein. Sie sagen dann, dass sie gerne Mitglied sind und die Werte übernehmen, sich aber nicht engagieren wollen.“ Das sei auch gut so, es reiche allein schon die Bereitschaft, sich einzulassen. „Wir sind für alle gleich da - für jene, die täglich in die Kirche kommen und für jene, die sich nur sporadisch blicken lassen“, sagt Büchel.

Dialogstelle der Katholischen Kirche Vorarlberg

Entscheidet sich ein Mensch für einen Austritt aus der oder einen Eintritt in die Katholische Kirche, wird er von der Dialogstelle der Katholischen Kirche Vorarlberg kontaktiert. „Die Aufgabe unseres Teams ist das wertschätzende Gespräch mit den Menschen, die in die Kirche ein- oder austreten“, berichtet Monika Eberharter, Leiterin der Dialogstelle. „Dabei schauen wir, ob wir für die Menschen abschließend bzw. eingangs etwas tun können. Andererseits freuen wir uns über Rückmeldungen, wieso sie sich für einen Ein- oder Austritt entschieden haben.“ Oftmals werden im Zuge eines Austrittsgesprächs konkrete Probleme angesprochen. Die Dialogstelle vermittelt Gespräche und gibt Beschwerden wie auch Lob weiter. Zudem werden alle Gründe anonym erfasst und im Sinne einer lernenden Organisation Maßnahmen durch die Diözesanleitung abgeleitet. Auch bei den Eintritten will man die Menschen an die Hand nehmen. „Den Hauptkontakt haben die Gläubigen selbstverständlich über ihre jeweilige Pfarre“, weiß Eberharter zu berichten. „Es geht aber auch darum, den Leuten unsere Wertschätzung zu zeigen und sie willkommen zu heißen. Oftmals entstehen gerade bei den Wiedereintrittskontakten tiefe Gespräche.“ Das sei aber auch eine Sache des Menschentyps: „Viele Gläubige wollen einfach leise wieder eintreten und keine großen Unterhaltungen führen. Alles ist in Ordnung.“

* Name von der Redaktion geändert