Nein, Carl Lampert war damals nicht der einzige, der seinem Gewissen folgte und dem NS-Regime Widerstand leistete. Und genauso wie viele andere, musste auch er für seine Überzeugung sein Leben lassen. An sie alle möchten die Carl Lampert Wochen erinnern. Eine gefährliche Erinnerung.

Bild links: „gedenk | kreuz | weg“ in der Herz-Jesu Kirche Bregenz

Simone Rinner

70 Jahre - so viel Zeit ist vergangen, seit Carl Lampert am 13. November im Zuchthaus Roter Ochse in Halle a. d. Saale wegen des „Verstoßes gegen die NS-Geheimhaltungsvorschriften“ mit dem Fallbeil hingerichtet wurde. Eine (Leidens)geschichte, die spätestens seit der Seligsprechung des Provikars vor drei Jahren vielen bekannt sein dürfte.

Karoline RedlerKaroline Redler
Ebenso lange ist es her, dass die Bregenzerin Karoline Redler am 8. November 1944 am Wiener Landesgericht zu Tode gebracht wurde. „Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung“ wurden der Frau, die ihre politische und religiöse Überzeugung nicht verleugnen wollte, damals vorgeworfen. Die Gerichtsverhandlung war eine Farce, die Urteilsberatung dauerte lediglich drei Minuten. Dann war ihr Schicksal besiegelt. „Ihr braucht euch meiner nicht zu schämen, ich sterbe für meine Überzeugung“, schreibt die damals 60-Jährige kurz vor ihrem Tod an ihre Kinder. Und drückt damit alles aus, was es zu sagen gibt. „Karoline Redler ist für mich ein Beleg, dass es in dieser dunklen Zeit auch Menschlichkeit, Liebe und politische Wachsamkeit gegeben hat“, erklärt Dipl. Ing. Peter Wimmer. 

(Bild: Karoline Redler vor ihrer Gerichtsverhandlung am 25. Oktober 1944 in Wien)

Erinnerung
Die Gedenktafel für die gefallenen Söhne der Pfarre in der Pietà-Kapelle der Herz-Jesu Kirche in Bregenz erinnerten den Architekten Wimmer daran, dass nicht nur Soldaten während der NS-Herrschaft ihr Leben lassen mussten. Auch viele Zivilpersonen zeigten Stärke und leisteten Widerstand - und deshalb war für ihn klar, dass auch an diese Menschen die Erinnerung wachgehalten werden muss. Gemeinsam mit Pfarrer Arnold Feurle, Lisi Metzler, Johannes Schrott, Ute Wimmer-Armellini und seiner Tochter Johanna Wimmer gründete Peter Wimmer im Jänner 2014 eine Arbeitsgruppe, die vor allem eines forcieren wollte: „Dass die Erinnerung und die Information zu den Leuten kommt“.

Zwei Wege
Entstanden ist dabei der „gedenk | kreuz | weg“ in der Herz-Jesu Kirche, der sich unter dem historischen Kreuzweg von Emil Gehrer wie ein Band um den Kirchenraum legt. „Für die Opfer war es ein Leidensweg. Die Überlagerung der beiden Leidenswege ist das Besondere“, führt Wimmer aus. In 19 Stationen erinnert er an die Bregenzer Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft und erzählt dabei von diesen 19 Schicksalen.

19 Schicksale
Von Ernst Volkmann zum Beispiel, der aus religiöser Überzeugung den Fahneneid auf Adolf Hitler verweigerte und 1941 hingerichtet wurde. Oder von Samuel Spindler, der 1942 den Freitod wählte, um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Von Maria Stromberger, auch bekannt als „Engel von Auschwitz“, die sich freiwillig als Krankenschwester im KZ meldete, um den Häftlingen zu helfen. Oder eben auch von Karoline Redler. Der zur Gestaltung verwendete Stoff drückt dabei das „Weiche, Sanfte und Verletzliche aus“, erklärt der Architekt. Mit diesem Weg setzen Pfarre und Kirche ein Zeichen für die Menschlichkeit, sind sich Peter und Johanna Wimmer einig. Der „gedenk | kreuz | weg“ wecke besonders auch bei den Jugendlichen das Interesse am Thema, erinnere an die Opfer und daran, wohin der Weg einer totalitären Machtausübung führt.

Um „gefährliche Erinnerungen“
geht es auch bei den Carl Lampert Wochen 2014, die gleich vier Veranstaltungen im Angebot haben (siehe Infokasten). „Das Gegenteil von erinnern ist nicht vergessen, sondern Gleichgültigkeit“, zitiert der Leiter des Carl Lampert Forums, Mag. Bernhard Loss, den Theologen Prof. Dr. Jürgen Manemann. Und lädt zum Besuch der Carl Lampert Wochen und damit zum Erinnern ein. „Erinnern kann auch heute gefährlich sein, weil das vorbildliche Handeln anderer uns in Frage stellt“, sieht Loss hier die Chance, „der Menschlichkeit im eigenen Leben nachzuspüren“. Bei der Segnung des „gedenk | kreuz | weg“, dem Gottesdienst zum 70. Todestag von Carl Lampert  mit anschließender Segnung des neuen Carl-Lampert-Saals in Göfis oder der Buchpräsentation der „Schöch-Chronik“ zum Beispiel.

Schöch-Chronik
Eine Auseinandersetzung mit der damaligen Zeit sowie Einblicke in das Geschehen rund um die Kirche, ihre Mitarbeiter und Pfarreien bietet „Die Schöch-Chronik“.

Johannes SchöchDr. Johannes Schöch (Bild links) war damaliger Generalvikariatsrat in Feldkirch und direkter Arbeitskollege von Carl Lampert, der in der kirchlichen Verwaltung in Innsbruck arbeitete. Von 1938 bis 1945 führte Schöch  Aufzeichnungen, die noch heute eine wichtige Quelle zur Kirchengeschichte während der NS-Gewaltherrschaft darstellen, erklärt Mag. Michael Fliri, Archivar der Diözese Feldkirch, die Bedeutung der Chronik: „Die erstmalige Publikation des Originaltextes soll die Innensicht der Kirche wiedergeben und weitere Blicke auf das kirchliche Leben in den Jahren 1938 bis 1945 ermöglichen.“

Galgen
„Höflich bis zur letzten Sprosse - aber gehängt wird doch“ ist dabei nicht nur der klingende Titel der Buchpräsentation. „Das Zitat stammt vom Gauleiter für Tirol und Vorarlberg, Franz Hofer, der am 16. Februar 1943 damit das Verhältnis von Kirche und Staat erläuterte“, erklärt Fliri. Damals wurden Verhandlungen über verschiedene Bereiche des kirchlichen Lebens zwar mit „zuvorkommender Höflichkeit“ abgewickelt, das Ergebnis sei aber immer dasselbe geblieben: Das religiöse Leben wurde zunehmend eingeschränkt, so der Archivar. Dass das „Hängen“ aber durchaus wörtlich zu nehmen war, beweisen zahlreiche Gnadengesuche, die abgelehnt wurden und so zum Tod vieler Personen führten. Gemeinsam mit Weihbischof Franz Tschann verfasste auch Johannes Schöch damals Gnadengesuche und versuchte, die Lage Carl Lamperts zu verbessern. Leider vergeblich.

Nach dem Krieg bemühte er sich um ein würdiges Andenken und organisierte die Überführung der Urne Lamperts von Halle a. d. Saale in seine Heimat nach Göfis. Schöch selber arbeitete bis 1963  als Generalvikariatsrat in Feldkirch, bevor er seine letzten Lebensjahre als beliebter Seelsorger an der St. Peterskirche in Rankweil verbrachte. Dort wurde er 1974 auch begraben.

Terminaviso

Carl Lampert Wochen

„Ich sterbe für meine Überzeugung“
70. Todestag von Karoline Redler. Segnung gedenk | kreuz | weg mit 19 Stationen.
Sa 8. November, 19 Uhr, Pfarrkirche, Bregenz Herz-Jesu.

Carl Lampert Portrait

„... der Herr ist Licht im Dunkel“
70. Todestag von Carl Lampert.
Do 13. November, 16 Uhr: Andacht zur Todesstunde. 19 Uhr: Gedenkgottesdienst mit Bischof Benno Elbs in der Pfarrkirche Göfis. Anschließend Segnung des neuen Carl-Lampert-Saals im Pfarrzentrum.

„Ich will dir eine große Aufgabe übertragen“
ORF / ZDF Fernsehübertragung der Messfeier.
Basilikachor Rankweil, Frauenchor „Memento“.
So 16. November, 9.30 bis 10.15 Uhr, Basilika, Rankweil.

„Höflich bis zur letzten Sprosse - aber gehängt wird doch!“
Buchpräsentation „Die Schöch-Chronik“. Aufzeichnungen von 1938-1945 des Generalvikariatsrats.
Fr 28. November, 17 Uhr, Diözesanbibliothek, Feldkirch-Altenstadt.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 45 vom 6. November 2014)