Das aktuelle Jubiläumsjahr 1848-1918-1938-1948-1968 der Republik erinnert an Wendejahre der österreichischen Geschichte der vergangenen zwei Jahrhunderte. Bisher standen vor allem die Jahre 1918 und 1938 im Fokus der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung. In einer bemerkenswerten Dokumentation von Eva Maria Kaiser wurde im März in ORF 2 auch an jene katholischen Priester erinnert, die Opfer der NS-Diktatur wurden und in der Erinnerungskultur der Zweiten Republik nahezu keine Rolle spielten. Unter ihnen war auch ein Vorarlberger Priester, den einer seiner Mitbrüder als „Held von Dachau“ bezeichnete.

von Bernhard Loss

13 Jahre nach Kriegsende wurde der Tiroler Caritas-Direktor Josef Steinkelderer vom Bischof der Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch aufgefordert, als ehemaliger Häftling des national-sozialistischen Konzentrationslagers Dachau Stellung zu nehmen, inwieweit der damalige Nenzinger Pfarrer Georg Schelling eine Auszeichnung für seine Leiden und sein Wirken im KZ Dachau verdiente. Steinkelderer bezeichnete Schelling in seiner Stellungnahme als „Helden von Dachau“.
Der Zeitungsredakteur. Der 1906 in Buch geborene Schelling hatte nach der Matura am Collegium Bernardi in der Mehrerau am Priesterseminar in Brixen Theologie studiert und war 1930 in Innsbruck zum Priester geweiht worden. Nach ersten Jahren als Kaplan in Hohenems wurde er 1934 vom damaligen Bischof zum Chefredakteur der auflagenstärksten Tageszeitung des Landes, dem Vorarlberger Volksblatt, ernannt. Als solcher war er in den Jahren des austrofaschistischen Ständestaates (1934-38) jene öffentliche Stimme, die am eindringlichsten und lautesten vor dem Nationalsozialismus und seiner Diktatur warnte.

Lagerhaft
Wenige Tage nach der Machtübertragung von den austrofaschistischen an die nationalsozialistischen Eliten im März 1938 wurde Schelling verhaftet, in der Bregenzer Oberstadt interniert und von dort an die Gestapo-Leitstelle in Innsbruck überstellt. Diese wies ihn Ende Mai 1938 nach Dachau ein, wo er bis kurz vor Kriegsende 1945 in Haft verblieb. Seine Anhaltung in Dachau wurde nur einmal für einige Monate unterbrochen - als er in das KZ Buchenwald überstellt wurde. In den Monaten seines Aufenthaltes wurden in Buchenwald die österreichischen Priester Otto Neururer und Matthias Spanlang wegen Nichtigkeiten durch das Lagerpersonal umgebracht, indem sie über mehrere Tage mit dem Kopf nach unten aufgehängt wurden.

Dekan
Schelling, der selbst viele Wochen im Hungerbunker verbrachte, blieb trotz solcher Abscheulichkeiten ein engagierter Priester. 1943 ernannte ihn der Münchner Kardinal Michael Faulhaber zum Kaplan des KZ Dachau, das wenige Kilometer vor der bayerischen Hauptstadt lag. Ein Jahr später wurde er Lagerdekan.
Im wieder demokratischen Österreich sollte es bis 1967 dauern, ehe Schelling in die Funktion eines Dekans gelangte. So wie es auch viel zu viele Jahre dauerte, ehe er von der Amtskirche und der Zivilgesellschaft eine formale Anerkennung für seinen anti-nationalsozialistischen Kampf und sein Wirken im KZ Dachau erhielt.

Gedenken
Das Carl Lampert Forum wird Monsignore Georg Schelling in der Carl Lampert Woche 2019 durch unterschiedliche Aktivitäten ehren. Am 5. Juni diesen Jahres findet im Wolfhaus in Nenzing ein Gesprächsabend über Georg Schelling statt.

Erinnerungsabend am 5. Juni
an Monsignore Georg Schelling

Schelling Georg MsgnDi 5. Juni, 20 Uhr, Wolfhaus (Dachboden), Nenzing.
Zeitzeugen und Interessierte sind eingeladen zum Abend unter dem Motto: „Erzählen fördert das ­Erinnern. Erzählen fordert auch Erinnern.“
Einleitende Worte durch einen ehemaligen Frühmesser Schellings, Pfarrer Mag. Felix Zortea. ­
Moderation durch den Historiker Prof. Dr. Wolfgang Weber (Universität Innsbruck).

Veranstalter: Carl Lampert Forum der Diözese Feldkirch und Archiv der Marktgemeinde Nenzing.

Der Eintritt ist frei.