Als eine „erneute Katastrophe mit Anlauf“ bezeichnet Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas Wien, die Situation, die sich derzeit in den Flüchtlingscamps auf den griechischen Ägäis-Inseln anbahnt. Die Verweigerung von Hilfe sei dabei „keine Frage des politischen Könnens, sondern des Wollens“.

Es wird Winter. Und es wird kalt. Vor allem, wenn man kein warmes Haus, sondern nur ein Zelt als "zu Hause" hat, das zudem nicht winterfest ist. Mehr noch: Die Zelte, die nach dem Brand in Moria auf Lesbos aufgestellt wurden, seien weder wind-, noch wasser- und winterfest, so Schwertner im Gespräch mit der APA. Der Geschäftsführer der Caritas Wien hat sich bei einem Lokalaugenschein selbst ein Bild von Zelten gemacht, die nicht einmal einen Boden haben und nach den Regenfällen „wie Kartenhäuser zusammengefallen“ sind.

Der Winter kann richtig kalt werden

Das wirklich große Problem:  „Wir stehen erst am Anfang des Winters, auf den Inseln kann es richtig kalt werden“.  Zwar hat Österreich nach dem Brand in Moria die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds (AKF) erhöht und 55 Tonnen Hilfsgüter nach Griechenland gebracht, die winterfesten Zelte sind offiziellen Angaben zufolge aber auch einen Monat nach der Lieferung  noch nicht auf den griechischen Inseln angekommen.

40% sind Kinder

Die Situation in dem Camps ist laut Schwertner "nach wie vor verheerend und sehr besorgniserregend“. Da es im Ausweichlager Kara Tepe keine einzige Dusche gibt, müssen sich die Menschen im Meer waschen. Statt dem Anschluss an die lokale Wasserleitung gebe es Chemie-Toiletten und die medizinische Versorgung sei ebenfalls "völlig unzureichend". 40 Prozent der rund 7.800 Geflüchteten auf Lesbos sind Kinder. Die Aufnahme von Schutzbedürftigen lehnt die ÖVP aber ab.

Ein Modell der Abschreckung

Die Verbesserung der Lebensbedingungen für Geflüchtete auf den griechischen Inseln und eine Lösung in der Migrationsfrage generell ist nach Ansicht Schwertners „keine Frage des politischen Könnens, sondern des Wollens“. Er habe den Eindruck, dass weiter „am Modell der Abschreckung gearbeitet“ werde, so der Experte der Hilfsorganisation. In Europa müsse es aber möglich sein, Grenzen zu schützen und gleichzeitig Menschenrechte und -würde zu schützen, betonte er.

Vernunft und Hausverstand nach Wahl

Die Sicherheitslage habe sich im Vergleich zum Beginn des Jahres verbessert, weil auch die Polizeipräsenz größer sei und nach dem Brand in Moria seien Tausende besonders Schutzbedürftige auf das griechische Festland gebracht wurden, sieht Schwertner auch einen Hoffnungsschimmer. Doch auch dort sei die Situation für Flüchtlinge nicht einfach, sagte er unter Verweis auf die Verschärfung des griechischen Asylgesetzes, die eine massive Kürzung der finanziellen Unterstützung für anerkannte Flüchtlinge mit sich brachte. „Die Wien-Wahl ist vorbei, wir hoffen, dass jetzt wieder Vernunft und Hausverstand eintritt und Österreich eine überschaubare Zahl von geflüchteten Menschen aufnimmt", so Schwertner. (red/religion.orf.at)

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