Bei der Neuregelung der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) sind auch nach Vorlage der Verordnung aus Sicht der Caritas wichtige Fragen betreffend der Abwicklungspraxis nicht hinreichend geklärt. Positiv vermerkt wird andererseits, dass gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben verschiedene Verbesserungen im Sinne der Zielsetzung der Mindestsicherung berücksichtigt wurden.

Für einige Punkte der BMS-Verordnung besteht noch Klärungsbedarf

Caritasdirektor Walter Schmolly nennt in seiner Stellungnahme einige Verbesserungen im Verordnungsentwurf aufgrund der bisherigen Diskussionen wie z.B. die leichte Anhebung der Höchstsätze beim Wohnbedarf für größere Haushalte, oder die in Aussicht gestellte Evaluierung.

Zugleich wird seitens der Caritas herausgestellt, dass einige der vorgeschlagenen Regelungen zu offen und unklar gehalten sind und somit den Zweck einer Verordnung nicht erfüllen. Formulierungen wie „wenn dadurch der Erfolg der Mindestsicherung besser gewährleistet wird“, „ungerechtfertigte Verweigerung“, „Integrationsförderbedarf“ etc. sind für die Arbeit der zuständigen Stellen keine hinreichend klaren Kriterien. Auch die Definition der Wohnform „Wohngemeinschaft“ bedarf einer weiteren Spezifizierung.

Führung eines menschenwürdigen Lebens

Für Caritasdirektor Walter Schmolly gelte es die Absicht der bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht aus den Augen zu verlieren: „Die Mindestsicherung soll für Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, die 'Führung eines menschenwürdigen Lebens' sicherstellen.“ An diesem Anspruch müsse sich die Verordnung messen lassen. Deshalb werden in der Stellungnahme der Caritas mehrere Vorschläge eingebracht:

Die vier wichtigsten Vorschläge:

  • Keine Staffelung der Richtsätze für Kinder, welche die Armutsprävention schwächt – Einrichtung einer Ombudsstelle beim Kinder- und Jugendanwalt
    Die Verordnung sieht vor, dass die Lebensunterhalt-Richtsätze für Kinder gestaffelt werden, d.h. ab dem vierten Kind reduziert werden. Die Caritas sieht es sehr kritisch, wenn im Rahmen der untersten Existenzsicherung gerade bei Kindern gespart wird. „Die BMS hat effektiv dazu beizutragen, die Spirale der Armut zu durchbrechen. Jedes Kind in Vorarlberg soll gute Chancen auf Teilhabe an der Gesellschaft und an sozialer Mobilität sowie auf eine gesunde und befriedigende Lebensführung haben. Die degressive Staffelung der Richtsätze für Kinder bewirkt eine Verfestigung von Familien und Kindern, die auf Mindestsicherung angewiesen sind, in der Nähe der Armutsgefährdungsschwelle.

    Die Caritas fordert deshalb, dass im Rahmen der Kinder- und Jugendanwaltschaft eine eigene Ombudsstelle eingerichtet wird, an die sich Kinder, Familien, aber auch LehrerInnen und Sozialeinrichtungen wenden können, wenn es auf Grund fehlender Leistungen durch die Mindestsicherung für das Kind zu Nachteilen kommt“, so Walter Schmolly.
  • Verbindliche Kooperation zwischen AMS und BMS-Stelle
    Auferlegte AMS-Verpflichtungen für BMS-BezieherInnen, die künftig zu einer automatischen Kürzung der BMS führen könnten, müssen - so fordert Direktor Schmolly - „im Vorfeld nachvollziehbar zwischen AMS und BMS-Stelle abgestimmt werden“. Durch eine gemeinsame Strategie von AMS und BMS-Stelle mit gemeinsam definierten Pflichten für den/die BMS-BezieherIn werde das Prinzip „fördern und fordern“ besser erreicht.
  • Erforderlichen Notlösungen für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte dürfen nicht zu allgemeinen Verschlechterungen für alle BMS-BezieherInnen führen.
    Die Verordnung sieht vor, dass bei einer „ungerechtfertigten Verweigerung der Inanspruchnahme einer zur Verfügung stehenden Unterkunft“ lediglich ein pauschaler Höchstbetrag von 280 EUR zur Deckung eines anderweitigen tatsächlichen Wohnbedarfs ausbezahlt wird. Das zielt auf asyl- bzw. subsidiär schutzberechtigte Personen ab. Caritasdirektor Schmolly fordert, dass „diese neue Regelung keineswegs mehr sein darf als eine befristete Notlösung für asylberechtigte und subsidiär schutzberechtigte BMS-BezieherInnen angesichts des Engpasses auf dem Wohnungsmarkt. Die Notlösung im Rahmen einer spezifischen Notsituation darf nicht verwendet werden, um bisherige Sozialstandards für alle BMS-BezieherInnen weiter aufzuweichen und abzubauen.“

  • Verbindliches Monitoring und Evaluierung der Neuregelungen
    Die bereits in Aussicht gestellte Evaluierung der Auswirkungen der Neuregelung der Mindestsicherung sieht die Caritas als unbedingte Notwendigkeit. Die durch die Gesetzesänderungen verursachten Härtefälle sollen von den involvierten Behörden und Einrichtungen dokumentiert werden und von einem entsprechend besetzten Gremium ausgewertet werden, sodass bei Bedarf spätestens nach einem Jahr reagiert werden kann.

 
(Caritas-Vorarlberg/Red)