Zum Auftakt der Inlandskampagne veranstaltet die Caritas Österreich jedes Jahr eine Pressereise. Dabei werden unterschiedliche Einrichtungen der Caritas besucht, deren Arbeitsweise und Wirkung wird ersichtlich. Diese Woche war Vorarlberg das Ziel der Reise.

Die Abordnung von Wien - Caritas Präsident Michael Landau und sein Presseteam sowie VertreterInnen unterschiedlicher Medien - landete kurz nach neun Uhr in Altenrhein. Das Programm für die Gruppe war vielseitig und ehrgeizig zugleich, immerhin stand der Besuch von fünf Orten am Plan, an denen die Caritas tätig ist: start2work in Dornbirn, Carla Tex in Hohenems, das Caritas Café und das Jugendprojekt Startbahn in Feldkirch und das Lerncafé in Rankweil. Dazwischen konnte zwischen zwei Betrieben ausgewählt werden, in denen ein Flüchtling bzw. eine Langzeitarbeitslose eine Anstellung gefunden haben.

Ziel der Pressereise war es, Einblick in die Caritas-Inlandsarbeit zu bekommen, mit Menschen zu reden, die hier arbeiten bzw. mit jenen, die von der Caritas unterstützt werden. Mit FachbereichsleiterInnen zum Beispiel oder IntegrationspatInnen, mit Flüchtlingen oder Unternehmern. Hier bekamen Fakten und Zahlen plötzlich ein Gesicht und eine Geschichte - und damit die Spende Sinn.

Caritas-Erfolgsgeschichten

Es wurde sichtbar, dass die Caritas Vorarlberg gute Arbeit leistet, wirkungsvolle und nachhaltige. Oder wie Michael Landau es formulierte: "Die Verantwortlichen des Bundes könnten sich einiges von der sinnvollen, lösungsorientierten Herangehensweise Vorarlbergs abschauen, wo Ziele nüchtern definiert und außer Streit gestellt dann Wege auch gemeinsam gegangen werden."
Das Projekt start2work ist ein Beispiel dafür. Hier finden Bleibeberechtigte eine Anlaufstelle, um in den Arbeistprozess reinzukommen. Ihre Fähigkeiten und Kompetenzen werden in einem Clearing abgeklärt, individuell werden sie beraten und begleitet, damit keine De-Qualifizierung stattfindet. Ein Deutschkurs gehört ebenso zum elfwöchigen Programm wie ein Praktikum in einem Betrieb. Über 60% der Teilnehmenden konnten vermittelt werden. Sie stehen heute im Arbeitsprozess. "Das Projekt zeigt, was möglich ist, wenn man in dieses Thema investiert", erklärte Caritas-Direktor Walter Schmolly. Die Zahlen bestätigen dies: 530 positive Asylbescheide wurden in den vergangenen neun Monaten ausgestellt. Im selben Zeitraum haben 395 Bleibeberechtigte ein fixes Dienstverhältnis aufgenommen. "Die Aufgabe ist zu bewältigen", weiß Schmolly.

Armut in Österreich - was können wir tun?

Im Rahmen einer Pressekonferenz im Caritas-Café nahmen Caritaspräsident Michael Landau, Caritasdirektor Walter Schmolly und Caritas Bischof Benno Elbs Stellung zu den Anliegen der Inlandskampagne und zu den Fragen der JournalistInnen. Dabei wurde die aktuelle Lage in Österreich dargelegt: 1,18 Milllionen Menschen in Österreich sind armutsgefährdet. Kinderreiche Familien und Alleinerziehende sind besonders gefährdete Gruppen. In Anbetracht der Tatsache, dass 250.000 Kinder Nachhilfe benötigen und 77% der Eltern mit ihren Kindern lernen, wird klar, dass Armut an Kinder weitergegeben wird. Denn einkommensschwache Familien haben vielfach nicht die Ressourcen für diese Unterstützung - weder Zeit noch Geld. Die Caritas will diese Mechanismen unterbrechen. In der Sozialberatungsstelle "Existenz und Wohnen" werden durchschnittlich 44 Menschen pro Tag beraten. Lebensunterhalt, Wohnen, Integration sind die brennendsten Themen. In Lerncafés werden Kinder und Eltern unterstützt - denn Bildung ist ein Schlüssel auf dem Weg aus der Armut.

Großes Thema der Pressekonferenz war die Mindestsicherung. Die Vertreter der Caritas sehen Reformbedarf - allerdings nicht in Richtung "Deckelung". "Die Mindestsicherung hat zwei Ziele", erläuterte Schmolly. "Armut vermeiden und Hilfe zur Selbsthilfe, dh. einen Weg aus der Arbeitslosigkeit hin zur Erwerbsarbeit zu finden." Für diesen Weg hin zur Erwerbsarbeit könne und müsse an vielen Rädchen gedreht werden, die finanzielle Unterstützung sei nur eines und dürfe nicht mit zu hohen Erwartungen überfrachtet werden. "Man hat hier noch keine adäquaten Maßnahmen geschaffen", so Schmolly. "Es braucht individuelle Begleitung, ein gutes Case-Management."

"Die Sorgen der Menschen nehmen zu", erklärte Schmolly. Euro- und Ökokrisen, Flüchtlinge und anderes sind für ihn Gründe dafür. Die Menschen hätten vielfach Angst um ihren Wohlstand. "Hier müssen wir eine gute Auseinandersetzung mit der Realität fördern - auf der Basis von Fakten und Wissen und einem guten Umgang damit." Es gehe darum, Polarisierungen nicht zu unterstützen. "Die Welt lässt sich nicht in Gut und Böse einteilen. Diese Anteile liegen in jedem Menschen. Entscheidend ist: wir sind miteinander verbunden. Das Wir ist größer als das Ich."

Kultur der guten Worte

Bischof Benno Elbs nahm aufgrund einer Journalistenfrage zum aktuellen Bundespräsidentenwahlkampf Stellung. "Gott ist ein politischer Gott. Der Gott der Bibel ist in seinem Einsatz für Arme und Menschen am Rande in höchstem Maße politisch - aber nicht parteipolitisch. Ich erwarte mir von jeder Wahlbewegung, dass respektvoll mit Religion und religiösen Menschen umgegangen wird. Dass Religion nicht für parteipolitische Interessen verwendet wird." Elbs trat ein für eine "Kultur der guten Worte", denn Worte erzeugen Wirklichkeit. Hassworte erzeugen Hass und jene der Wertschätzung eben Wertschätzung.
Die Arbeit der Caritas erläuterte Elbs umfasse drei Bereiche: es gehe um Anwaltschaft für Gerechtigkeit, um Brückenbau statt Mauern, also um Versöhnung und um Großherzigkeit und Liebe. "Wenn man das lebt, muss man keine Angst vor einem Bürgerkrieg haben."