Lange haben sie das Bild in Vorarlberg geprägt, nun sind viele der "bettelnden Notreisenden" wieder nach Rumänien zurückgekehrt. Vorübergehend, wie Caritasdirektor Walter Schmolly beim Pressegespräch anlässlich der (lang) geplanten Schließung der Notschlafstellen erklärt. Grund genug für die Vorarlberger Sozialeinrichtungen einen Blick in die Vergangenheit zu werfen - und einen in die Zukunft.

Wir erinnern uns: Über die Wintermonate stellten Caritas und das Kaplan Bonetti Sozialwerk Unterkünfte für die in Vorarlberg lebenden bettelnden Menschen zur Verfügung. Die klirrende Kälte, die über Nacht ins Land zog, hatte sie überrascht. Bahnhof und Tiefgaragen boten wenig Schutz und so war für Peter Mayerhofer, Geschäftsführer der Kaplan Bonetti Sozialwerke, klar: "Wir müssen etwas tun". 50 Notschlafstellen, insbesondere für Schwangere, Frauen mit Kindern sowie alte und kranke Notreisende waren die Antwort auf die Frage, bei der die Ziviligesellschaft an ihre ehrenamtlichen Grenzen kam. Und sie wurden genutzt. Die Auslastung lag bei 80% bei wechselnden Personen, bekräftigen Schmolly und Mayerhofer. Derzeit befinden sich noch rund zehn Personen in den von vornherein befristeten Notschlafstellen, freuen sich Caritas und das Kaplan Bonetti Sozialwerk, dass die gute Kommunikation und Transparenz gefruchtet hat und die Schließung ohne Probleme vonstatten geht.

"Wir haben es hier mit Menschen zu tun"

Natürlich habe es immer wieder Spannungen gegeben, wenn Notreisende abgewiesen werden mussten und Familienangehörige getrennt wurden, bestätigt Mayerhofer. Aber mit einer entsprechenden Kommunikation habe man auch diese Situationen meistern können. "Ich persönlich habe diese Menschen als eine große Bereicherung empfunden", wirft er ein anderes Licht auf die "Roma". Ein freundliches und fröhliches, auch wenn sie manchmal aufgrund ihrer Bettelei "als lästig" empfunden werden. Denn eines müsse klar sein: "Wir haben es hier mit Menschen zu tun". Sie führen uns die Armut in Europa vor Augen, die viele lieber nicht wahrnehmen würden. Deshalb sei es auch wichtig die Armut zu bekämpfen, und nicht die Menschen.

Caritas-Café

Eine Hilfe neben den Notschlafstellen bildet das Caritas-Café, in dem die Notreisenden nicht nur günstiges Essen, sondern auch die Möglichkeit zur Körperhygiene und zum Wäschewaschen erhalten, erzählt Stellenleiter Peter Wieser aus dem Caritas Café Alltag. Durch das Notschlafprojekt und zwei nachgehende Sozialarbeiterinnen konnte der Zugang zu der Gruppe verbessert werden.Viele Gespräche auf Augenhöhe hätten die Kommunikation und verbessert und eine Verhaltensänderung nach sich gezogen, sind sich Mayerhofer und Wieser einig.

In der Not...

Auch wenn viele der bettelnden Notreisenden aktuell aufgrund des orthodoxen Osterfests wieder in Rumänien sind, sei klar, dass Vorarlberg das Thema auch weiterhin begleiten werde, rechnet Schmolly mit 70 bis 120 Personen. Und diese brauchen keine Integration, sondern Unterstützung, hebt er hervor. Konkret bedeutet das einen geordneten Rahmen zu schaffen, in dem ihnen ein würdiger Aufenthalt möglich ist. Es müsse klar sein, dass auch weiterhin viele bettelnde Notreisende nach Vorarlberg kommen werden - und das nicht wegen des großen Hilfsangebots, ist Mayerhofer wichtig. Sie sehen zu Hause keine Perspektive, sodass sie sogar Obdachlosigkeit und "Unwillkommensein" in Kauf nehmen. Hier handle es sich um ein "ökonomisch strukturiertes" und nicht um ein "ethnisches" Problem, ist Schmolly wichtig.

Was also tun?

Zunächst müsse ein anderer Terminus verwendet werden, betont Schmolly. Konkret bedeutet das "bettelnde Notreisende" anstatt "Roma". Und dann haben die Vorarlberger Sozialeinrichtungen Caritas, Kaplan Bonetti, ifs, Vorarlberger Kinderdorf, Dowas sowie Kolpinghaus Bregenz und Götzis gemeinsam fünf Forderungen formuliert: Respekt und ein Auskommen mit den Notreisenden, Unterstützung für die Kinder, Kontakt zu den Notreisenden und legale Unterkünfte. Eine Herausforderung an alle - an die Sozialeinrichtungen, das Land Vorarlberg und nicht zuletzt die Zivilbevölkerung.