Die Caritas Vorarlberg stellte im Rahmen einer Pressekonferenz ihr Sozialbarometer Vorarlberg 2012 vor. Caritasdirektor Peter Klinger und sein Team wollen im Sinne der christlichen Botschaft die Stimme für jene Menschen erheben, die sonst keine Lobby haben.

von Wolfgang Ölz

Zahlen und Fakten rund um Armut

Der gesamte Sozialbarometer 2012 als Download zum Nachlesen

Am Podium nahmen Peter Klinger als Caritasdirektor, Andrea Kramer, die die redaktionelle Koordination der Beiträge vornahm und Michael Natter als Leiter des Caritas-Bereichs „Existenz und Wohnen“ platz. Für die wissenschaftliche Begleitung war Dr. Eva Häfele verantwortlich, weitere namhafte Autoren waren Univ. Prof. Reinhard Haller und Univ. Prof. Clemens Sedmak. Caritasdirektor Peter Klinger bemerkte in seinem Eingangsstatement, dass ihm die Menschenwürde, die Chancengleichheit bei der Teilhabe am sozialen Leben und das in Dialog kommen mit den Entscheidungsträgern sehr wichtig sind. Es soll durch das Sozialbarometer „ein kraftvoller Anstoß für die sozialpolitische Debatte im Land und den Gemeinden gegeben werden.“

Dreiteilig aufgebaute Studie
Das Sozialbarometer ist eine 153-seitige Publikation, die aus  drei Hauptteilen besteht. Der erste Teil nimmt die soziale Entwicklung in Vorarlberg nach den Lebensphasen Kindheit/Jugend, Erwachsen sein und Leben im Altar unter die Lupe. Der zweite Teil nimmt unter dem Titel „Familien unter Druck“ das Leben der Familien in Vorarlberg in den Blick. Sieben Fachartikel widmen sich Themen wie staatliche Familienleistungen, Sucht in der Familie, Arbeitslosigkeit und Familie, Armut, Spannungsfeld Bildung u.a. Der dritte Teil der Studie bietet einen statistischen Wegweiser durch ganz aktuelles Datenmaterial zur sozialen Entwicklung in Vorarlberg.

Manifeste Armut
Michael Natter berichtete aus der Praxis der Beratungstätigkeit seines Bereiches Existenz und Wohnen. Demnach leben ein Drittel der bei der Caritas Hilfe suchenden hart an der Armutsgrenze. Jedes Wochenende stellt sich die Frage, ob der Kühlschrank gefüllt werden kann und ab dem 15. des Monats lässt sich nichts mehr vom total überzogenen Konto holen. Immer wieder droht der finanzielle Kollaps, wenn Sonderkosten zu bestreiten sind. Die Studie beziffert jene Menschen die so in verfestigter oder manifester Armut Leben in Vorarlberg mit 20.000 Personen, Tendenz steigend.

Sozialpolitische Forderungen
Um der Wohnungsnot entgegenzuwirken fordert der Sozialbarometer eine Neugewichtung der Wohnbauföderung zugunsten des sozialen Wohnbaus. Weitere Forderungen sind die Einführung eines Mindestlohnes von 1.300 Euro brutto vierzehnmal im Jahr und die Erlaubnis eines Monatsverdienstes für Asylwerber bis zur Geringfügigkeitsgrenze. 

Zahlen und Fakten

Geschlechterspezifische Lohndifferenz
Im Vergleich zu den anderen Bundesländern herrscht in Vorarlberg der größte Einkommensunterschied der Geschlechter. So beträgt die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern in Vorarlberg 11.700 Euro, in Österreich 7.400 Euro bezogen auf das Bruttojahreseinkommen. 

Zu diesem sehr niedrigen Fraueneinkommen trägt auch die hohe Teilzeitquote bei. Das unterste Einkommensviertel der Frauen verdienen monatlich 440 Euro, das unterste Einkommensviertel  der Männer 1.120 Euro netto zwölfmal monatlich. Vorarlberg hat als Folge der niedrigen Einkommen auch die niedrigsten Frauenpensionen im österreichweiten Vergleich.

Wohnen
Wohnkosten bedeuten den größten Ausgabeposten für einkommensschwache Familien und Einzelpersonen. Mittlere Einkommen geben rund 38 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aus, niedrige Einkommen circa 50 Prozent.

In den Jahren 2000 bis 2010 ist der Aufwand für Wohnkosten in Österreich um 34,5 Prozent gestiegen, Löhne im gleichen Zeitraum um 22 Prozent. Das heißt, dass die Wohnkosten wesentlich stärker die Haushalte belastet als noch vor 10 Jahren.

Rund ein Viertel der Menschen, die in der Beratungsstelle „Existenz & Wohnen“ vorsprechen, sind auf der Suche nach einer leistbaren und längerfristigen Wohnung. Der private Wohnungsmarkt ist für diese armutsgefährdete Gruppe praktisch tot.

Ausbildung
Von den in Vorarlberg im Jahr 2011 vorgemerkten arbeitslosen Menschen hatten 8,7 Prozent überhaupt keine abgeschlossene Pflichtschule; 39,2 Prozent lediglich einen Pflichtschulabschluss. Das bedeutet, dass die sogenannten frühen Bildungsabbrecher ein eklatant hohes Risiko haben, arbeitslos zu werden.

Flüchtlinge
Der monatliche Beitrag für Lebensunterstützung (Verpflegung, Hygieneartikel …) für Flüchtlinge wurde seit 2004 nicht mehr angepasst und liegt derzeit bei 180 Euro pro Person.