Rund 23.500 Plätze hat Österreich noch zu "vergeben", dann ist das sinnbildliche Boot voll. So war es zumindest unlängst nach dem Asylgipfel zu vernehmen. Stichwort Obergrenze. Nun ist klar: Auch wenn sich für die Regierung hier Handlungsspielräume ergeben, kann der Richtwert nicht als absolute Zahl, "ab deren Erreichen kein einziger Antrag auf internationalen Schutz mehr geprüft würde", verstanden werden. Das wäre sowohl völkerrechtlich als auch unionsrechtlich nicht erlaubt, bekräftigen die Experten.

37.500 Asylbewerber wollte man, also Österreich, heuer noch  aufnehmen, bis 2019 sollten es insgesamt maximal 127.500 sein. Dann hätte Österreich seine Schuldigkeit getan, zumal eh nicht mehr Flüchtlinge zu verkraften wären. Das war im Jänner. Und schon damals wurde Kritik laut. Ob man das überhaupt dürfe, war eine der Fragen - nicht nur von der moralischen, sondern auch von der rechtlichen Seite aus gesehen.

Nur noch 23.500 Plätze frei

14.000 Flüchtlinge haben in diesem Jahr bereits in Österreich um Schutz angesucht. Nach Adam Riese wären also (nur) noch 23.500 Plätze frei. Und zur Erinnerung: Es ist erst Ende März. Das Problem bei der Klärung des Problems: Die von der Koalition angekündigte Einschränkung des Asylrechts ist rechtliches Neuland.  Das zeigt das nun veröffentlichte Rechtsgutachten des Europarechtlers Walter Obwexer und des Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk. Die Obergrenze in Form von absoluten Zahlen ist demnach nicht erlaubt, sehr wohl könnte Österreich aber eine im EU-Vertrag vorgesehene Notstandsklausel (Artikel 72) auslösen.

Sicherheit geht vor!

Dieser Artikel regelt die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten für "die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit". Aus Sicht der Gutachter  ist diese Gefahr bereits gegeben, andernfalls wären Grenzkontrollen im Schengenraum nicht zugelassen. Wasser auf den Mühlen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), die argumentieren, dass Österreich die Zulassung zum Asylverfahren deutlich einschränken könne und nur noch solche Fälle bearbeite, in denen das aus Gründen der Menschenrechtskonvention unbedingt nötig sei. Dieser Notfallmechanismus soll im Asylgesetz verankert und nach dem geplanten Inkrafttreten Mitte Mai ausgelöst werden.

"Primäres Ziel" bleibt für Doskozil eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage durch "Sicherung" der EU-Außengrenzen und eine "adäquate Verteilung" der Asylwerber auf die EU-Länder. Bis dahin müsse man nationale "Notmaßnahmen" setzen. Mikl-Leitner betonte aber, "dass die Bundesregierung es selbst in der Hand hat, die Asylzahlen zu begrenzen".

Auf die Bremse getreten

Und jetzt? Jetzt wird "scharf gebremst",  indem das Asylrecht via Notfallmechanismus verschärft und die Zahl der Flüchtlinge per Schnellverfahren samt "Kurzprüfung" (Doskozil) direkt an der Grenze bzw. in zu schaffenden "Registrierzentren" reduziert wird. Oder salopp formuliert: Schluss mit "Durchwinken". Schöne Worte findet auch Mikl-Leitner: "Wir werden keine Asylanträge zulassen, außer wir müssen das tun aufgrund gewisser Kriterien, wie Artikel 8 der Menschenrechtskonvention." Darin ist das "Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens" ("Familienzusammenführung") verankert. Heißt also: Nur wer in Österreich Familie wie Vater, Mutter oder Kinder hat, müsste zum Asylverfahren zugelassen werden.  (red/standard/presse)