„Wir sind die erste Generation, die die Klimakrise am eigenen Leib erlebt, und die wahrscheinlich letzte Generation, die noch in der Lage ist, das Ruder herumzureißen“, mahnt Caritas-Präsident Michael Landau trotz Corona die Umwelt nicht aus den Augen zu verlieren.

Ökologische und soziale Herausforderungen „müssen zusammengedacht werden“, betonte Landau bei  einer Pressekonferenz mit Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zum Thema "Energiewende für alle". Denn nur so sei eine erfolgreiche Umsetzung der Klimaziele zu schaffen, die in Zeiten der Corona-Krise "in den Hintergrund geraten" seien. Dass Krisenbewältigung immer auch im Blick auf sozial benachteiligte Gruppen erfolgen muss, verdeutliche gerade die Pandemie, "die von der Gesundheitskrise für viele Menschen längst zur sozialen Krise geworden ist".

Ein Klima gegen Armut

"Wir brauchen insgesamt ein Klima gegen Armut! Wenn es um so etwas wie eine Energiewende geht, dann muss diese sozial verträglich ausgestaltet werden." lobte Landau die von der Regierung geplanten Maßnahmen und Förderungen für ökologisch verträgliches Heizen - namentlich den Heizkesseltausch für einkommensschwache Haushalte als Schritt "in die richtige Richtung".

Nicht nur Corona-Zahlen wichtig

Neben den Statistiken zu Neuinfektionen, Intensivbetten und Inzidenzen dürfe man keinesfalls andere Daten außer Acht lassen, nämlich solche über die Anstiege von Temperaturen und Meeresspiegeln, über Wetterextreme, Dürreperioden und Artensterben. "Wir sind die erste Generation, die die Klimakrise am eigenen Leib erlebt, und die wahrscheinlich letzte Generation, die noch in der Lage ist, das Ruder herumzureißen", mahnte Landau. "Wir müssen jetzt handeln."

Umweltbezogene Ungleichheit

Fakt sei , dass es weltweit und auch in Österreich eine "umweltbezogene Ungleichheit" gebe: Arme Länder vor allem in Afrika, die am wenigsten zum Entstehen der Klimakrise beitrugen, seien von deren Auswirkungen vielfach am stärksten betroffen. Landau nannte Dürre, Hunger und mehr Armut. Hierzulande würden armutsbetroffene Menschen vielfach in schlecht isolierten Wohnungen leben und seien stark von Hitze, Luftverschmutzung und Innenraumbelastung betroffen. Außerdem besäßen sie oft veraltete, energiefressende Geräte, die entsprechend hohe Kosten verursachen. "Es fehlen die Mittel, Wohnraum energieeffizienter zu machen, Geräte auszutauschen oder Türen zu isolieren", aber auch entsprechendes Know-how, weiß der Caritas-Chef.

Best-practice-Beispiele

Für Menschen, für die die "Energiefrage zur Existenzfrage" wird, brauche es Lösungen, wie zum Beispiel den "Verbund-Stromhilfefonds" der Caritas. Bei diesem "wirklichen best-practice-Beispiel" würden etwa schadhafte Gasthermen repariert, veraltete Elektrogeräte getauscht, unbürokratische finanzielle Soforthilfe bei Energie-Nachzahlungen geleistet und eine aufsuchende Energieberatung geboten. Mehr als 5.500 Haushalte mit 14.000 Armutsbetroffenen habe die Caritas seit Bestehen dieses Projektes mithilfe des Verbunds unterstützen können, berichtete Landau. Und der Bedarf steige. Um dem Bedarf auch in Zukunft gerecht zu werden, bräuchte es eine Aufstockung dieses Fonds und die Förderung vergleichbarer Instrumente, so Landau: "Hier zu fördern halte ich für eine wichtige Aufgabe auch der Republik."

Der Caritas-Präsident dankte Ministerin Gewessler und der Bundesregierung für die bei der Pressekonferenz vorgestellte Initiative, bis zum Ende der Legislaturperiode zweimal 100 Millionen Euro für den Heizkesseltausch armutsbetroffener Haushalte zu investieren. Eine sozial verträgliche und nachhaltige Energieversorgung mache Effizienzmaßnahmen gerade auch einkommensschwachen Haushalten zugänglich und könne damit "Energiearmut verringern", betonte Landau. "Das ist sozial und ökologisch sinnvoll."

Nicht auf Kosten der "Kleinen"

Vorrang für sozial Benachteiligte erwartet sich der Caritas-Präsident auch bei der Bewältigung der Corona-Krise, wie er anmerkte. Landau forderte eine Garantieerklärung der Bundesregierung, "dass die Sanierung der Pandemiekosten nicht am Rücken von Klein- und Mittelverdienern, MindestpensionistInnen, arbeitslosen oder armutsbetroffenen Menschen erfolgt". Es gelte sicherzustellen, "dass jene, die besonders hart getroffen werden, wieder Anschluss finden". (red/kathpress)