Bei seinem Staatsbesuch in Armenien war Bundesminister Sebastain Kurz Gast im Tageszentrum "Emils kleine Sonne". Die Einrichtung der Caritas, die in intensiver Zusammenarbeit mit Vorarlberger Betrieben und Freiwilligen entstand, hat in Armenien Signalwirkung. Sie vermag es, Menschen mit Behinderung zu fördern und in die Gesellschaft zu integrieren.

Für einen Moment stehen die Baumaschinen auf dem Gelände still, um die Delegation von Außenminister Sebastian Kurz durch die Räumlichkeiten des derzeit im Endausbau befindlichen Tageszentrums zu führen. Den hohen Gast aus Österreich begrüßen Bauleiter und Freiwillige der Caritas Vorarlberg, Bernd Fischer sowie Daniel Zadra, Projektverantwortlicher der Caritas Vorarlberg für Armenien zusammen mit den Kindern, die hier in wenigen Monaten einziehen dürfen. Mit Stolz stellen sie gemeinsam mit ihren Eltern und den BetreuerInnen ihre neue Tages- und Förderstätte den Besuchern vor.

Die Einrichtung hat bereits jetzt große Signalwirkung in die armenische Gesellschaft. Vielfach werden dort Menschen mit Behinderung noch versteckt, als Schande betrachtet und haben kaum Teilhabe an der Gesellschaft. Gemeinsam mit der Caritas Armenien und der armenisch-katholischen Kirche konnte bereits viel erreicht werden. Denn seit Beginn der Therapietätigkeiten im Jahr 2007 konnten mit einem gezielten Förderprogramm die Kinder ihre Fähigkeiten weiter entfalten und große Erfolge in der Alltagsbewältigung erzielen. Diese wachsende  Eigenständigkeit stärkt das Selbstwertgefühl, entlastet die Eltern in der Versorgung und trägt mit zur verstärkten Anerkennung in der Gesellschaft bei.

„Menschenrechte zu fördern ist mir ein besonderes Anliegen. Umso mehr trifft das zu, wenn es Menschenrechte von Kindern sind. Die Arbeit der Caritas ist hier eine wirklich wertvolle“, betont Außenminister Kurz. Über das Caritas-Projekt „Fenster zur Welt: Rechte von Menschen mit Behinderungen stärken“ wird auch die Arbeit des Tageszentrums „Emils kleine Sonne“ über die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit gefördert. Die Austrian Development Agency, die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, legt großen Wert auf Bewusstseinsbildung und die direkte Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in den Alltag.

Aushängeschild für technische Innovationen

Neben den sozialen Aspekten ist das Zentrum auch Modell für nachhaltiges Bauen unter besonderen Bedingungen. Das Gebäude wird als Holz-Modulbauweise ausgeführt unter Verwendung von Holz aus Vorarlberg, das von Pfarren, Gemeinden und Agrargemeinschaften zur Verfügung gestellt wurde. Die Außenfassade wird mit dem für Armenien typischen Tuffstein gefertigt und bekommt eine hochwertige Isolierung. Zusammen mit den Erdwärmepumpen und einer hauseigenen Photovoltaikanlage, die mit 95 kWp die größte private Anlage im Kaukasus sein wird, kann das Zentrum nahezu energieautonom betrieben werden. Dies spart langfristig Betriebskosten und hat in einem Land, das seinen Stromverbrauch durch einen alten Sowjet-Atommeiler abdeckt, besondere Bedeutung.

Gemeinschaftswerk vieler Hände

Den Grundstein für das Projekt legte der Vorarlberger Reiseveranstalter Emil Nachbaur mit seiner Großspende. Das Zentrum wird deshalb künftig auch dessen Namen tragen wird.Inzwischen kann dieses Projekt jedoch wirklich als „Gemeinschaftsprojekt mit der Vorarlberger Wirtschaft“ und den Partnern in Armenien, Kirche wie öffentliche Behörden, bezeichnet werden, unterstreicht Caritasdirektor Peter Klinger das gemeinsame Ziel und die besondere Unterstützung durch die am Bau beteiligten Unternehmen: Sonderkonditionen, Sachleistungen, Mitarbeiter als Freiwillige im Einsatz vor Ort. Auch Architekt Richard Nikolussi hat seine Arbeit ehrenamtlich zur Verfügung gestellt. Viele weitere Menschen sind dem Vorbild gefolgt. Rund 30 ehrenamtliche tätige Personen, vom Lehrling bis zum pensionierten Elektriker, haben sich hier in den Dienst der gemeinsamen Idee gestellt. Zugleich wird darauf geachtet, dass die Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit armenischen Betrieben erfolgt, um so auch die Akzeptanz vor Ort sicherzustellen und fachliches Wissen auszutauschen. Finanziert wird der Bau aus Spenden an die Caritas, Stiftungen und kirchlichen Zuwendungen wie "Renovabis", das Osteuropa-Hilfswerk der katholischen Kirche. Der gesamte Wert der Bautätigkeiten beläuft sich auf rund 2 Millionen Euro.

Zukunft auf sichere Beine stellen

Der Umzug der 30 Kinder in Emils Kleine Sonne soll im Frühling 2015 erfolgen. Dann wird zudem mehr Platz für die Aufnahme von weiteren Kindern möglich sein und insgesamt rund 100 Familien Unterstützung angeboten werden. Das Zentrum setzt sich zudem das Ziel, Akzente für die Akzeptanz von Menschen mit Behinderung zu setzen sowie die fachliche Ausbildung von Betreuungspersonal zu ermöglichen. Schon jetzt erfolgt dazu der Austausch mit Fachleuten aus der Caritas in Österreich.

Zur Funktion als Begegnungszentrums und Impulsgeber für ganz Armenien sollen regelmäßige Veranstaltungen beitragen, die landesweite Vernetzung mit Fachleuten und öffentlichen Stellen gepflegt werden und die Öffentlichkeit informiert werden. Die Möglichkeit zum Besuch für interessierte Gruppen auf Kulturreisen und ein Baumschulenprojekt sollen weitere Wirkungskreise für die Anliegen und Bedürfnisse dieser Kinder schaffen. Diese vielfältigen Formen des Dialoges sollen Schritt für Schritt dazu beitragen Menschen mit Behinderung mehr in die Mitte der armenischen Gesellschaft aufzunehmen. Damit reicht die Zielsetzung des Zentrums weit in die Gesellschaft Armeniens hinein.