"Generation - Talk" unter diesem Titel trafen sich am 18. und 19. März rund 90 Frauen und Männer aus Vorarlberg. Das Besondere dabei war das Alter der Teilnehmenden. Es reichte von 16 bis 70. Mehrere Generationen waren also zusammen gekommen, um über die Gestalt der Zukunft nachzudenken. Sie setzten damit einen Anfang, der sicher Kreise ziehen wird. Im Kleinen und im Großen.

Eingeladen zu diesen zwei Halbtagen hatten die Caritas, die FH Vorarlberg und das Bildungshaus St. Arbogast. Ziel der Veranstaltung war es, Generationen miteinander ins Gespräch zu bringen, damit sie einander erzählen können und im Nachdenken vielleicht gemeinsame Ziele, Leidenschaften und auch Verantwortlichkeiten entdecken.

Ca. 60 junge Erwachsene waren der Einladung gefolgt. Sie stammten aus verschiedenen Berufsfeldern - von Lehrlingen über angehende Lehrpersonen bis hin zu Studierenden an der FH für soziale Arbeit. Was sie verband war das Interesse an Zukunftsfragen und der Mut, sich auf Neues einzulassen. Auch die "älteren" Erwachsenen brachten diese Offenheit mit. Es waren Menschen mit Interesse an der Gesellschaft, Menschen, die vielfach auch Schlüsselpositionen innehatten sowie Menschen mit besonderen Lebenserfahrungen.

Begleitung durch Fachleute

Begleitet wurden die Generationen nicht nur von vier ModeratorInnen, sondern auch von vier Fachpersonen: Dr. Roman Siebenrock, Theologe, Dr. Heiner Keupp, Sozial- und Gemeindepsychologe, Dr. Anton Pelinka, Politikwissenschaftler und Dr. Marianne Gronemeyer, Erziehungs- und Sozialwissenschaftlerin. Aufgabe der BegleiterInnen war es, die Teilnehmenden miteinander in Kontakt zu bringen, mit Fragen und Impulsen eine Gesprächsrichtung zu initiieren und gleichzeitig eine Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der jede und jeder sich einbringen konnte. Dabei galt es, eine Sprache zu finden, die für alle verständlich war.

Gegenwart und Zukunft

Mit welchem Grundgefühl wird die Gegenwart erlebt und welche möglichen Wege sind in der Zukunft gangbar? Diese zwei Grundfragen bestimmten die Tage und sie wurden - den unterschiedlichen Menschen entsprechend - ebenso unterschiedlich, ja widersprüchlich, beantwortet. Marianne Gronemeyer bezeichnete zum Beispiel die Spuren, die die jetzige Eltern- und Großelterngeneration hinterlässt, als "Greueltaten", als ziemlich verwüstete Erde, die es schwierig macht, den "fragenden Augen" der jungen Generation standzuhalten. "Das, was wir als die Verwirklichung unserer Träume betrieben haben, hat zu keinem guten Ende geführt." Die Erziehungswissenschaftlerin sieht in der Flucht den einzigen Ausweg.

Blick auf Positives

Heiner Keupp und Anton Pelinka hingegen lenkten den Blick auf positive Veränderungen der letzten Jahrzehnte. Ob es der Untergang zahlreicher Tyrannen und deren Systeme ist oder die Tatsache, dass ca. 30% der Menschen in Deutschland sich in unterschiedlichsten Gruppen und Bewegungen aktiv engagieren - Hoffnungszeichen gibt es überall. Von einer "Spur des messianischen Funkens" sprach Roman Siebenrock angesichts des großen Medieninteresses dem neuen Papst gegenüber, von einer Sehnsucht und dem Glauben, dass es "vielleicht eine Alternative zum Status Quo der Welt gibt."

Impulse für die Zukunft

Zahlreiche Impulse kamen von Seiten der Fachleute: Gronemeyer unterscheidet zwischen Abhängigkeit voneinander und Angewiesensein aufeinander. Das Gefühl, alles allein machen zu können, niemandem etwas schuldig zu sein, führe in die Abhängigkeit. Vielmehr ginge es darum, sich der Angewiesenheit aufeinander zu erfreuen und dem Miteinander etwas zuzutrauen. "Wie müssen das Hören und Sprechen wieder lernen", erklärte Gronemeyer und setzte dem Geschwätz des "Talks" echte Begegnung gegenüber, die auf gleicher Augenhöhe geschieht, frei von Erwartungen ist und für beide Seiten zur Bereicherung wird.

"Wir müssen uns frei machen von einer pessimistischen Grundströmung", erklärte Anton Pelinka. Ebenso optimistisch blickte Heiner Keupp in die Zukunft und wünschte sich eine Entwicklung von der "Wut- zur Mutbürgerschaft. Dazu gehört auch der Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen." Das legte auch Roman Siebenrock den Zuhörenden ans Herz: "Wir müssen leben, was wir ändern wollen und dabei auf unser eigenes Denken und Fühlen vertrauen, kritisch sein. Wir müssen selber nachdenken, selber sprechen, nicht immer angedockt durch das Leben gehen. Zu meinen Kindern sage ich: 'Eine Stunde pro Woche den eigenen Verstand gebrauchen, intensiv über etwas nachdenken.'"

Unterbrechung

Das Gespräch stand an diesen zwei Tagen ganz im Mittelpunkt. Dabei wechselten sich unterschiedliche Formationen ab: vom Plenum in die Gruppe, von der Dreiergruppe in die offene Formation während der Pausen. Beeindruckend war ein Tausch am Rednerpult am Dienstag Vormittag. Heiner Keupp übergab das Wort an Maren Boe, eine junge Studentin aus Norwegen. Die beiden hatten am Vorabend ein Gespräch geteilt, dessen Inhalt Keupp allen zukommen lassen wollte. Maren erzählte von ihren Erfahrungen mit jungen Menschen in Vorarlberg. Während sie gehofft hatte, auf lebendige, kritische und politisch aktive Menschen zu treffen, begegnete sie Studierenden, die vor allem mit dem Studium beschäftigt waren. Für anderes schien keine Zeit zu sein. Zudem stieß sie auf Rassismus, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit. Wenn sie dies kritisch hinterfragte hörte sie stets die Antwort: "Isch halt so."

Maren gab sich nicht damit zufrieden. Sie gründete zusammen mit anderen Studierenden eine Plattform, die sich für sozialpolitische Fragen einsetzt. Sie ist überzeugt, dass Menschen etwas bewegen können. Von dieser Erfahrung der Selbstwirksamkeit sprach dann auch Heiner Kreupp. Er sieht die Erfahrung, etwas bewirken zu können als Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben, als Grundvoraussetzung für eine gute Zukunft.