„Zuhause in mir“ ist der Titel der Wanderausstellung, die von der youngCaritas ins Leben gerufen wurde. Zehn Frauen erzählen ihre Geschichte. Eine Migrationsgeschichte, meist eine Fluchtgeschichte. Damit wird den Besucher/innen eine Perspektive eröffnet, die vielfach im Verborgenen bleibt: die weibliche.

Patricia Begle

„Es war gar nicht so leicht, Frauen für die Interviews zu finden“, erzählt Katrin Gruber im Rückblick. „Das Thema ist sensibel, die Geschichte sehr privat, wir waren Fremde, und manche hatten schon die Erfahrung gemacht, ihre Geschichte auf einem Amt zu erzählen.“ Dennoch ist es der youngCaritas-Mitarbeiterin gelungen, zehn Frauen für das Projekt zu gewinnen. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Nina-Helena Köhlmeier, den Ausstellungs-Expertinnen Lena Seeberger und Astrid Neumayr sowie der Bregenzer Künstlerin Bianca Tschaikner stellte sie die Wanderausstellung auf die Beine.

Die Geschichten.

„Familienzusammenführungen“ sind der Fokus des Projektes. Was macht das mit einer Familie? Wer geht zuerst? Wie kann der Kontakt gehalten werden? Wie verläuft das Nachkommen? Und das Ankommen? 16 Jahre ist die jüngste Interviewpartnerin, die älteste knapp über 50, die eine lebt erst einige Monate hier, die andere schon Jahrzehnte. Irak, Türkei, Syrien, Afghanistan und Sri Lanka sind jene Länder, aus denen die Frauen bzw. Mädchen  „nachgeholt“ wurden. Sie erzählen ihre Geschichte bei ihnen Zuhause oder bringen einen Gegenstand aus ihrer Heimat mit.  
„Wir haben offene Fragen gestellt“, erklärt Katrin Gruber, „damit jede so viel erzählen kann, wie sie will. Dass sie dabei anonym bleiben, hat ihnen zusätzliche Sicherheit gegeben.“ Die Ausstellungstexte geben nur eine Momentaufnahme der Geschichte wieder. Das lässt den Betrachtenden Raum für eigene Bilder und Emotionen.

Die Bilder.

Die Anonymität der Frauen ließ auch der Künstlerin viel Freiraum. Das kam Bianca Tschaikner sehr entgegen, da sie grundsätzlich intuitives, freies Arbeiten bevorzugt. „Ich wollte den Frauen ein phantastisches, leicht mystisches Aussehen geben - ein bisschen wie Märchenfiguren“, erzählt die Bregenzerin. „Das war für mich eine Möglichkeit, die Individualität der Frauen hervorzuheben, worin auch der Sinn dieser Ausstellung liegt - Einzelschicksale von Menschen zu erzählen, die oft nur als Masse wahrgenommen werden.“ Tschaikner spielt mit Symbolen und orientalischen Motiven. „Bei der Kleidung der Frauen habe ich mit Mustern von Teppichen und von Kleidungsstücken aus der Herkunftsregion gespielt“, erzählt sie. Die Frau aus Libyen hält einen Granatapfel in ihrer Hand, die syrische einen Jasminzweig - beides sind die Nationalblumen dieser Länder. Schön, phantasie- und geheimnisvoll zeigen sich die Frauen in diesen Porträts. Sie bilden eine Wirklichkeit ab, die von den Fluchtgeschichten oft überdeckt wird. Doch zu den Frauen gehört beides - das Schreckliche der Fluchtgeschichte und die Schönheit ihres Lebens. Es lohnt sich, dies zu entdecken.

Zuhause in mir

Die Wanderausstellung entstand im Rahmen des EU-Projektes MIND (Migration. Interconnectedness. Development), das zum Ziel hat, das Verständnis für Migration und Entwicklung zu fördern und zu erweitern.
An fünf Orten ist die Wanderausstellung zu sehen. Infos über Workshops für Jugendliche und begleitende Veranstaltungen finden Sie unter www.caritas-vorarlberg.at/zuhauseinmir


(aus dem Vorarlberg KirchenBlatt Nr. 6 vom 6. Februar 2020)