Einsamkeit war bereits vor der Krise eine Zivilisationskrankheit in westlichen Gesellschaften, die sich durch die Pandemie noch verstärkt hat. Auf den "Pakt gegen die Einsamkeit" warte man aber immer noch vergeblich, appelliert die Caritas an die Regierung, ihre Versprechen zu halten.

Wer hätte damals - 2020 - gedacht, dass die Pandemie so lange dauern würde? Und vor allem in DEM Ausmaß (Stichwort Lockdown 1-2-3-4, Impflicht, Demonstrationen ...)? Es sei ein Faktum, dass durch die Pandemie so viele Menschen wie nie mit psychischen Problemen und Krankheiten zu kämpfen hätten, mahnte Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas der Erzdiözese Wien und wirft einen kurzen Blick zurück. Um einsamen Menschen  einen Gesprächspartner zur Seite zustellen, wurde im April 2020 die Caritas-Initiative "Plaudernetz" ins Leben gerufen, in Vorarlberg konnte man sich an "Zemma lüta" der Caritas Vorarlberg wenden.

Andere Länder, bessere Sitten

Auch die Regierung sollte aus Caritas-Sicht das Thema Einsamkeit auf ihre Agenda nehmen: "Auf unsere Forderung nach einem 'Pakt gegen die Einsamkeit' folgten bisher nur Worte." Ein Runder Tisch im September 2020 im Bundeskanzleramt sei zwar ein wichtiges Signal gewesen, es sei dann aber dabei geblieben. 372.000 Menschen hätten schon vor Corona niemanden für persönliche Gespräche in ihrem Umfeld gehabt. Und das ist nicht zuletzt auch deshalb schwierig, weil zahlreiche Studien aufzeigen, dass Einsamkeit das Risiko für chronischen Stress, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen, Demenz und frühen Tod erhöhe.

In England, wo das Konzept des "social prescribing" pilotiert wird, bei dem eine Schnittstelle zwischen Hausärzten und sozialer Arbeit geschaffen wird, werde bereits reagiert. Die Ampel-Koalition in Deutschland mit einem Nationalen Präventionsplan gegen Einsamkeit im Regierungsübereinkommen wird von der Caritas als weiteres Beispiel genannt.

Plaudernetz

In Österreich steht die Caritas vor Ort Menschen in Krisensituationen zur Seite - und die Anfragen seien aufgrund von verlorener Tagesstrukturen, einer unsicheren Zukunft, zusammengebrochenen Plänen oder auch Einsamkeit vor allem auch in den Sozialberatungsstellen gestiegen. Seit Projektstart des Plaudernetz seien bereits über 21.000 Gespräche geführt worden - bis zu 100 Gespräche täglich, die durchschnittlich eine halbe Stunde dauern und zwischen 12.00 und 20.00 Uhr möglich sind. Bei steigenden Infektionszahlen steige stets auch die Zahl der Anrufe, bemerkte Schwertner.

Einsam in Vorarlberg?

In Vorarlberg bietet die Caritas einsamen Menschen verschiedene Angebote an: Mit den Verzellbänkle im Montafon werden unkomplizierte Begegnungsmöglichkeiten geschaffen um älteren, isolierten Menschen die Möglichkeit zu bieten wieder vermehrt zu „kommunizieren“: Wer auf einem dieser Bänkle Platz nimmt, ist offen für ein Gespräch. Das Projekt "LE.NA - Lebendige Nachbarschaft" entwickelt mit Pfarren und Gemeinden vor Ort Ideen für eine lebendige Nachbarschaft. So werden Menschen verbunden, die einander Zeit schenken - z.B.  beim Vorlesen, bei einem Spaziergang, bei einem guten Gespräch, bei einem Kartenspiel, bei Musik... (red/kathpress)