Äthiopien ist eines der Partnerländer der Auslandshilfe der Vorarlberger Caritas. Jima Gobena, der stellvertretende Programmleiter der Caritas der Diözese Meki, und Teshome Tesfaye, der Manager für Projekte in der nachhaltigen Landwirtschaft, besuchten unlängst Vorarlberg. Das KirchenBlatt sprach mit ihnen über die Arbeit an den zahlreichen Projekten und darüber, warum zur Zeit in Äthiopien eine politische Aufbruchsstimmung herrscht.

Wolfgang Ölz

Teshome Tesfaye betreut das Programm „COMPASS Äthiopien“ in dem Best-Practice-Projekte im Bereich Nahrungsmittelproduktion realisiert werden - einerseits in der Saatgut-Gewinnung, andererseits in der Mastzucht von Ziegen und Schafen. Armutsgefährdete Frauen, die durch den Tod des Mannes die Verantwortung für die Kinder allein tragen, erhalten seit 2015 als Startkapital drei Ziegen oder Schafe, die drei Monate gemästet werden und am Markt mit Gewinn verkauft werden. So kann Geld für neues Mastvieh und für Haushaltskosten (Ausbildung, Nahrung und Medizin) lukriert werden. Speziell Frauen organisieren sich in Gruppen, um aus der gesellschaftlichen Isolation zu gemeinsamem Austausch und Teilhabe zu finden. Auch die Hühnerzucht und die Imkerei sind mögliche Einnahmequellen.

Rasche umfassende Dürrehilfe
Gemeinsam mit den Bauern wird das Ackerland gegen die grassierende Bodenerosion befestigt, damit das fruchtbare Land in der Regenzeit nicht weggeschwemmt wird. Dazu werden Gräben gezogen und Erdwälle errichtet. Auch Genossenschaften werden gegründet, damit die Bauern für ihre Produkte faire Preise bekommen. Nutznießer aller Projekte und Aktivitäten sind in der Diözese Meki rund 1,4 Millionen Menschen - egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts oder welcher Religion. Während der Dürrekatastrophe 2017 wurden 160.000 Äthiopier/innen unterstützt. Die Dürren kommen wegen des Klimawandels jetzt alle drei, statt früher alle zehn Jahre. Außerdem gibt es, statt früher zwei, praktisch nur noch eine Regenzeit von Juni bis September.   

Modernes kirchliches Schulsystem
Ein wichtiges Anliegen ist auch der Kinderschutz. Jim Gobena und sein Team haben in den letzten Jahren moderne Kinderschutzstandards eingeführt, die die Rechte der Kinder gegenüber den Schulbehörden, aber auch gegenüber den eigenen Eltern wahren. Die katholische Kirche insgesamt hat in Äthiopien vom Kindergarten über die Sekundarschulen bis hin zur Universität in Addis Abeba ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem geschaffen. In Fragen der Schule habe die katholische Kirche am äthiopischen Horn von Afrika Wunder gewirkt, ist Jima Gobena überzeugt.

Offeneres politisches Klima
Der neue Premierminister Abiy Ahmed ist Grund für berechtigte Hoffnungen. Seit seinem Amtsantritt vor sechs Monaten kehren oppositionelle Politiker und kritische Journalisten vermehrt nach Äthiopien zurück. Die Suche der jungen, gut ausgebildeten Leute nach Arbeit richtet sich aber nach wie vor auf Europa, gerade weil es in Äthiopien kaum Jobs und Industrie gibt. Viele hängen auch der falschen Vorstellung nach, Europa sei ein Paradies, wo einem das Essen ohne Arbeit in den Mund fliege, wie Teshome Tesfaye kritisch anmerkt. Die Caritas Meki versucht hier aufklärend zu wirken und im Land Perspektiven zu eröffnen und die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen, wie das von europäischen Politikern gerne gefordert wird.

AUSSTELLUNG

„Wir essen die Welt“

Sonderausstellung der Caritas Vorarlberg über die globalen Auswirkungen des Ernährungsverhaltens in Europa.
In Äthiopien werden Schnittblumen und Gemüse für andere Länder angebaut. Dafür wird fruchtbares Land an ausländische Geldgeber verpachtet. Für die Menschen ist das eine Möglichkeit, bezahlte Arbeit zu finden. Gleichzeitig haben die Menschen weniger Fläche für die eigene Ernährung zur Verfügung.

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