An den Anblick bettelnder Menschen kann und wird man sich auch in Vorarlberg hoffentlich nie gewöhnen. Dennoch muss sichtbare Armut zumutbar sein und ihren Platz haben, hält die Caritas in ihrem Leitfaden zum Thema Armutsmigration fest.

"Europa mag heute noch immer der wohlhabendste Kontinent sein, doch die Lebensgeschichten der Menschen auf der Straße machen deutlich, dass längst nicht alle von diesem Wohlstand profitieren. Insgesamt sind Millionen Menschen in Europa armutsgefährdet", hält Caritasdirektor Peter Klinger im Vorwort fest. Das bestehende Sozialgefälle hat sich seit der Finanzkrise 2008 nochmals verstärkt - insbesondere Bulgarien, Rumänien und Lettland sind von Armut betroffen.

(Hinter)gründe
Aktuell gibt es in Europa zwei große Wanderungsbewegungen: von Süden nach Norden (sprich von Spanien, Portugal, Griechenland un den Norden) und von Ost nach West. Auch in Österreich ist seit der EU-Erweiterung 2004 und 2007 ein Anstieg der Zuwanderung spürbar. Manche der Flüchtlinge möchten  bleiben, andere wollen nur temporär etwas verdienen, um das Leben der Familie im Heimatland zu unterstützen. Dort ist Obdachlosigkeit nicht selten und viele Roma und Romnija werden sogar in ihren Heimatländern ausgegrenzt und diskriminiert.

Bettelmafia und Co.
Seit 1. Jänner 2014 gibt es in Österreich keine Arbeitsbeschränkung mehr für Menschen aus den südeuropäischen Ländern der EU. Die Armut und fehlende Perspektive in ihren Heimatländern veranlasst viele nach Österreich zu kommen, um hier Arbeit und Auskommen zu finden. Oftmals ohne fachliche Qualifikation oder Sprachkenntnisse. Immer wieder ist in den Medien von einer "Bettelmafia" der Rede. Die aktuelle Kriminalstatistik spricht laut aber eine andere Sprache. Zwar sind die ArmutsmigrantInnen oftmals gut organisiert, aber eben nur im Rahmen von Familien- und Dorverbänden.

Die Sache mit dem Geld
Auch die Tatsache, dass Bettler anstatt von Gutscheinen oder Nahrungsmitteln meist lieber Bargeld möchten, irritiert viele. Dies liegt laut Caritas darin begründet, dass sie das erbettelte Geld ihrer Familie im Herkunftsland zukommen lassen möchten. Wichtig sei es aber immer, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und sie zu grüßen. Keiner ist verpflichtet Geld zu spenden, manchmal können bereits ein paar freundliche Worte und der Hinweis auf die nächste Hilfsorganisation weiterhelfen.

Geldstrafe oder Ersatzfreiheitsstrafe
Organisiertes Betteln  wird in Vorarlberg mit einem Bußgeld geahndet, wobei auch eine Taschenpfändung durchaus möglich ist. Um dem zu entgehen, wird das erbettelte Geld oftmals von einer Person des Familien- oder Dorfverbandes gesammelt, was für viele Passanten in ihrer Vermutung einer Bettelmafia bestärkt. Im Normalfall können die hohen Strafen nicht bezahlt werden, weshalb oft eine Ersatzfreiheitsstrafe angetreten werden muss.

Nichtsdestotrotz kann Hilfe nur wirksam sein, wenn sie auf mehreren Ebenen ansetzt. Sprich: Maßnahmen in den Herkunfsländern, Rückkehrberatung, Notversorgung und Basisberatung für Einzelschicksale. Dazu braucht es natürlich auch Lösungen auf EU-Ebene - und zwar dass sich Europa zu einem sozialen Europa bekennt und die nötigen Schritte setzt. 

Den Stammtisch "Betteln in Vorarlberg - kriminell organisiert oder wahre Not?" vom 9. März zum Nachhören finden Sie hier