Die jungen Menschen, die die Flucht bis nach Österreich überleben, haben alles verloren: ihre Heimat, ihre Familie, ihre Freunde, ihre Sprache, ihre Kultur, ihre Traditionen, ihre Berufs- und Ausbildungsanerkennungen, ihr gesamtes Hab und Gut. Mehr als 1.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind derzeit in Österreich in ungeeigneten Massenquartieren untergebracht sind, kritisiert das NGO-Bündnis "Alle Kinder haben Rechte". Und ergänzt, dass sie von der österreichischen Politik momentan als Menschen mit halben Rechten behandelt werden. Zeit das zu ändern.

Mit einer Protestkundgebung vor dem Innenministerium machte das Bündnis "Alle Kinder haben Recht" auf genau diese Tatsache aufmerksam: Dass minderjährige Flüchtlinge von der österreichischen Politik momentan als Menschen mit halben Rechten behandelt werden. Für ihre Betreuung wird nur die Hälfte des Tagessatzes zur Verfügung gestellt wie für österreichischen Kinder, die im Rahmen der Kinder- und Jugendwohlfahrt versorgt werden.

Nicht kindgerecht
Von den über 2.600 in Österreich lebenden unbegleiteten Kinderflüchtlingen sind 1.400 in nicht kindgerechten Massenquartieren wie etwa dem Asyllager Traiskirchen oder der Notunterkunft in Wien-Erdberg untergebracht, so der Vorwurf der NGOs darunter Caritas, Diakonie, Jugend Eine Welt und das Don Bosco Flüchtlingswerk. „Wie jugendliche Flüchtlinge momentan in Österreich behandelt werden, dass viele von ihnen noch nicht einmal ein Bett zum Schlafen haben, ist himmelschreiendes Unrecht und zutiefst unmenschlich. Viele dieser Kinder und Jugendlichen sind schwer traumatisiert, manche haben ihre Eltern sterben sehen. Sie brauchen dringend gute Betreuung und Unterbringung, einen geregelten Alltag und psychosoziale Unterstützung", so Reinhard Heiserer von Jugend Eine Welt.

Adäquat und dem Alter entsprechend
Weit über 1.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) befinden sich momentan unzureichend betreut in Massenlagern der Bundesbetreuung. „Für diese jungen Menschen fühlt sich niemand zuständig“, so Eva Kern, Geschäftsführerin des Don Bosco Flüchtlingswerkes, einer Initiative der Salesianer Don Boscos, der Don Bosco Schwestern  und von Jugend Eine Welt. „Wichtig wäre eine Klärung der Obsorge und dass das Kindeswohl immer im Vordergrund steht. Die jungen Flüchtlinge müssen ihrem Alter entsprechend betreut und in adäquaten Einrichtungen untergebracht werden. Minderjährige auf der Flucht sind vorrangig Kinder und erst in zweiter Linie Flüchtlinge!“

Ein Recht auf ...
Für die Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits widerspricht der Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen der UN-Kinderrechtskonvention, zu der sich Österreich 1992 per Gesetz verpflichtet hat. "Das Recht auf Schutz, Geborgenheit und persönliche Entfaltung ist für Kinder in Asyllagern ohne persönliche Ansprache und adäquate pädagogische und psychologische Betreuung nicht gegeben", so Pinterits. Die Juristin kritisierte auch den Umgang mit Flüchtlingen, die im Laufe des Asylverfahrens die Volljährigkeit erreichen. Diese würden, wenn sie das Glück hatten und in einer Betreuungseinrichtung aufgenommen wurden, mit Vollendung des 18. Lebensjahres wieder herausgenommen und in eine normale Unterkunft für Asylwerber überstellt. Die Beendigung der Schule oder einer Ausbildung würde so unnötig erschwert.

Scharfe Kritik übten die Veranstalter an der von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner geplanten Aussetzung der Asylverfahren. Diese Maßnahme sei angesichts der ohnehin schon viel zu langen Verfahren "geradezu zynisch". Zu den konkreten Forderungen des Bündnisses "Alle Kinder haben Rechte" zählen neben der adäquaten Unterbringen von allen in Österreich lebenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auch die Anhebung der Tagessätze und das Einhalten der UN-Kinderrechtskonvention sowie die Aussetzung von rechtswidrigen Altersgutachten. (red/kathpress)