Gedanken zum Sonntag von Bischof Benno Elbs

Als die ersten Christinnen und Christen – so berichtet es die Apostelgeschichte – gefragt wurden, wie sie sich und ihren (damals noch jungen) Glauben verstanden, antworteten sie: Wir sind Mitglieder eines neuen Weges. Christsein war damals und heute ein Weg, den man beginnt und auf dem man das ganze Leben unterwegs ist. Christsein heißt: Gehen in den Spuren Jesu. Nicht allein, sondern gemeinsam mit anderen. Nicht für sich selbst, sondern solidarisch mit den Mitmenschen. Immer aber im Vertrauen darauf, dass Gott an unserer Seite geht.

Die Fastenzeit, die vor wenigen Tagen mit dem Aschermittwoch begonnen hat, ist in besonderer Weise eine Zeit, um über den eigenen Lebens- und Glaubensweg nachzudenken. Wo stehe ich auf diesem Weg? Wofür bin ich rückblickend dankbar? Wo muss ich umkehren, um einen guten Weg in die Zukunft einschlagen zu können?

Wüstenzeit

Folgen wir dem Evangelium des heutigen Tages (Matthäus 4,1-11), dann beginnt der Weg der heurigen Fastenzeit in der Wüste. Jesus wird vom Geist, so heißt es, in die Wüste geführt und ist dort Versuchungen ausgesetzt. Auch wenn, geographisch gesehen, die Wüste weit von uns weg ist, so kennen wir Wüstenerfahrungen vermutlich alle. Zum Beispiel, wenn wir mit einem Problem ganz allein zurechtkommen müssen und uns dabei hilf- und orientierungslos fühlen. Eine solche Wüstenzeit kann aber auch zur Gotteszeit werden. Dann nämlich, wenn diese Erfahrung zu einer tieferen Erkenntnis führt und ich gestärkt werde im Vertrauen auf Gott und im Wissen um meine Lebensaufgabe. Ich bin mir sicher, dass diese Sehnsucht viele Menschen im Herzen tragen: die Wüsten des eigenen Lebens – Angst, Trauer, Krankheit, Kränkungen, Schuld – zu verwandeln. Eines kann uns dabei besonders helfen: die große, unbändige Kraft der christlichen Hoffnung.

Was dürfen wir hoffen?

Das Christentum ist aus einer Bewegung der Hoffnung entstanden. Die Auferstehung Jesu, sein Sieg über den Tod, ist die Geburtsstunde der Hoffnung. Schon während seines Lebens, besonders aber in seiner Auferstehung hat Jesus Wege der Hoffnung gebahnt, wo zuvor jeder Weg abgebrochen schien. Dabei ist es erstaunlich, dass Jesus selbst in den Evangelien das Wort Hoffnung kein einziges Mal verwendet hat. Doch schon in den ersten Christengemeinden sehen wir, wie die Hoffnung nach und nach neben dem Glauben und der Liebe zu einem zentralen Merkmal christlichen Lebens wird.

Anderen Menschen Hoffnung zu geben, ist das Schönste, was man tun kann. Wer Hoffnung hat und sie weiterschenkt, lebt anders. Menschen, in denen Hoffnung neu aufkeimt, setzen auf die Stärke der Zuversicht gegenüber allem Scheitern und aller Mutlosigkeit. Sie vertrauen auf die Kraft von Frieden und Versöhnung gegenüber jeder Form von Aggression und Gewalt. Und nicht zuletzt wissen sie, dass auch im Scheitern ein Neubeginn immer möglich ist.

Christsein ist ein Weg: ein Weg der Hoffnung auf ein Leben in Fülle für möglichst viele. Wenn auch in der Fastenzeit oftmals das Abnehmen im Vordergrund steht, so wünsche ich Ihnen in diesem Jahr, dass Sie zunehmen: in der Hoffnung und im Vertrauen auf eine gute Zukunft für Sie und Ihre Lieben.

Bischof Benno Elbs