Weihnachtsgedanken von Bischof Benno Elbs

Eine beängstigende Nachricht geisterte vor wenigen Wochen durch die Schlagzeilen: In China seien weltweit erstmals zwei gentechnisch veränderte Babys zur Welt gekommen. Lulu und Nana heißen sie. Eine Sensation? Für mich und viele andere nicht. Der Aufschrei der internationalen Forschungswelt war jedenfalls groß. Von „unverantwortliche Menschenversuche“ bis zu „ethischer Super-Gau“ reichten die Kommentare. War das ein Dammbruch? Soll es in Zukunft möglich sein, Intelligenz, Talente, Haarfarbe eines Kindes vor der Geburt zu bestimmen?

Ein neuer Spross

Das Streben nach bisher Unerreichtem, aber auch die Hoffnung auf eine Wende zum Guten ist eine Ursehnsucht der Menschheit. Es gibt wohl kein schöneres Bild für einen Neuanfang als die Geburt eines Kindes. Mit seiner Unbefangenheit und Fröhlichkeit verbindet es die Generationen; ein Kind lässt neue Sinnhorizonte aufkommen und vermittelt auf wunderbare Weise die Erfahrung: Das Leben geht weiter!

Beim Propheten Jeremia lesen wir: „In jenen Tagen werde ich einen gerechten Spross aufsprießen lassen.“ (Jer 33,15) Ein Spross ist eine schöne Bezeichnung für ein Kind. Neues sprießt hervor, die Welt kommt zum Blühen. Dieser Spross entsteht aber nicht in den Labors der Gentechniker. Er verweist – so wird dieser Text seit langer Zeit verstanden – auf die Ankunft Jesu. Mit ihm bricht eine neue Zeit an: eine Zeit der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit und des Friedens.

Neuanfang der Liebe

An Weihnachten geschieht ein Neuanfang. Wir feiern das Fest, an dem Gott Mensch wird und als Kind einen neuen Anfang setzt: einen Neuanfang der Liebe. Liebe, Empathie, Mitmenschlichkeit können jedoch in keinem Reagenzglas hergestellt werden. Solche Haltungen werden nur lebendig, wenn sie vorgelebt und nachgeahmt werden. Ich bin mit vielen Menschen in Kontakt, die genau das voll Hingabe tun: Menschen, die sich dafür einsetzen, dass die Kluft zwischen Arm und Reich kleiner wird; die das Miteinander der Generationen fördern oder geflüchtete Menschen bei der Integration oder im Asylverfahren unterstützen. Ihnen allen danke ich für ihren Einsatz im Dienste der Menschlichkeit.

70 Jahre Menschenrechte

Vor genau zwei Wochen, am 10. Dezember, hat sich die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen zum 70. Mal gejährt. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, lautet der erste Artikel. Jedes Kind, das zur Welt kommt, hat dieselbe Würde, die ihm durch nichts und niemanden genommen werden kann. Heute, da wir die Geburt Jesu feiern, dürfen wir uns das ganz besonders sagen lassen. Das Kind aus Bethlehem hat eine Revolution der Mitmenschlichkeit begonnen. Es liegt an uns, diese Geschichte weiterzuschreiben! Setzen wir uns dafür ein, dass Menschenwürde und Menschenrechte groß geschrieben werden.

Der Blick in die Krippe sagt uns: Ein einziger Mensch, ein einziges Kind macht den Unterschied. Eine Person genügt, damit Glaube, Hoffnung und Liebe wachsen und weitergeschenkt werden können. Denn die Botschaft der Menschwerdung meint genau das: Gott steht auf der Seite der Menschen, aller Menschen – er steht auch auf deiner Seite!

Von Herzen wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Bischof Benno Elbs