Gedanken zum Fest Taufe des Herrn von Bischof Benno Elbs
Für mich als Priester gibt es nicht viele Momente, die so berührend sind wie die Taufe eines Kindes. Ein dankbares, glückliches Lächeln liegt im Gesicht der Mitfeiernden, manchmal treten sogar Tränen der Freude in die Augen der Eltern und Großeltern. Neues Leben kommt in die Familie und die Rollen werden neu zugeteilt. Und vielleicht kommt da und dort auch die Frage auf: Was wird aus unserem Kind werden? Wie wird es den Weg ins Leben finden? Was wird es alles erleben? Über allem – dem Freudigen und dem Unsicheren – steht in der Taufe die Zusage Gottes: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter.” Das ist das gute Vorzeichen der Liebe Gottes, mit dem unser Leben beginnt.
Am morgigen Sonntag feiert die Kirche das Fest der Taufe Jesu. Im Evangelium heißt es dazu: „Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser herauf. Und siehe, da öffnete sich der Himmel und er sah den Geist Gottes wie eine Taufe auf sich herabkommen. Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.“ (Matthäus 3,13-17) Es ist bemerkenswert: Jesus hat noch nichts gesagt, noch nichts getan, noch nichts geleistet – sein Wirken als Wanderprediger in Galiläa beginnt mit seiner Taufe eigentlich erst. Und trotzdem heißt es: „Du bist mein geliebter Sohn.” Jesus erhält hier die Zusage, geliebt zu sein ohne Vorbedingungen. Aus dem geöffneten Himmel tönt keine tadelnde Stimme; auch keine Anweisung, wie wir Menschen zu leben haben. Aus dem geöffneten Himmel kommt eine Liebeserklärung.
„wie tief“ – „wie rein“ – „wie zart“
In der Taufe sagt Gott sein tiefstes und schönstes Wort, das niemand rückgängig zu machen vermag: „Ich liebe dich, du Welt und du Mensch.” (Karl Rahner) Durch dieses Wort öffnet sich der Himmel für jede und jeden von uns. Diese Botschaft annehmen zu können und zu glauben, dass auch ich – ja ich – gemeint bin, ist allerdings nicht ganz einfach. Andreas Knapp beschreibt das sehr treffend in seinem Gedicht Taufe im Jordan:
„wie tief
muss ich untergetaucht werden
bis ich
dem leben
auf den grund komme
wie rein
muss ich gebadet werden
bis meine haut
durchatmet wird vom licht
wie zart
muss mir gesagt werden dass ich geliebt werde
bis ich es wirklich
glauben kann“
Die Taufe ist das Bad des Urvertrauens, das uns eine Ahnung davon schenkt, dass über unserem Leben grundsätzlich und ohne Bedingungen ein Vorzeichen der Liebe steht. Die Taufe nimmt uns hinein in die große Familie der Söhne und Töchter Gottes. Von Herzen wünsche ich Ihnen, dass Sie das erfahren können, was Rose Ausländer so wunderschön im folgenden Gedicht zum Ausdruck bringt:
„Wir wohnen
Wort an Wort
Sag mir
dein liebstes
Freund
meines heißt
DU“
Bischof Benno Elbs