Bischof Benno Elbs brach beim Festgottesdienst der Bruderschaft St. Christoph eine Lanze für arbeitsfreie Sonn- und Feiertage.

 "Der Sonntag darf weder zur fixen Arbeitszeit werden, noch zum bloßen 'Wochenende' im Sinn einer 'leeren' Zeit verkommen": Das unterstrich Bischof Benno Elbs am Sonntag, den 8. Juli beim traditionellen Festgottesdienst der Bruderschaft St. Christoph in St. Christoph am Arlberg an der Grenze zwischen Tirol und Vorarlberg. Die Feier des Sonntags sei nicht nur konstitutiv für die christliche Identität, sondern zugleich ein "institutionalisiertes Nein zu Tendenzen, die den Menschen in ein Hamsterrad einspannen wollen". Dass eine Arbeit, die die Freizeit "immer mehr auffrisst", kein Baustein für ein gelungenes Leben sein könne, "liegt auf der Hand", so der Bischof.

Gemeinsame Unterbrechung nötig

Der Mensch sei mehr als ein Produktionsfaktor, hielt Elbs vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um den 12-Stunden-Tag fest: "Wir Bischöfe haben darauf aufmerksam gemacht, dass wir das Anliegen einer flexibleren Arbeitszeit nicht von vorn herein ablehnen, es aber nicht auf Kosten der Familie, des Gehalts oder der Freizeit gehen darf", erinnerte Elbs an eine kritische Stellungnahme der Bischofskonferenz von vergangener Woche. Vor allem hätten die Bischöfe darauf hingewiesen, "dass Sonntage oder Feiertage dem neuen Gesetz zum Opfer fallen könnten und damit ein gesellschaftlich anerkannter Konsens gefährdet ist".

Wie Familie oder Freizeit sei Arbeit ein wichtiger Faktor des Lebens. Vom Evangelium her hat die Kirche jedoch den Auftrag, mit einem kritischen Blick alle Entwicklungen zu verfolgen, "die das Leben hemmen und dabei den Menschen zur entpersönlichten 'Arbeitskraft' degradieren". Das Wohl des Menschen muss nach den Worten  des Bischofs stets im Zentrum auch von wirtschaftlichen Überlegungen stehen. Aus seiner psychotherapeutischen Erfahrung wisse er, dass der Mensch für seine Gesundheit und sein Wohlbefinden Unterbrechung braucht. "Der Sonntag ist eine solche Unterbrechung, die uns im Innersten heil macht. Und weil der Mensch ganz entscheidend ein soziales Wesen ist ..., braucht es die gemeinsame Unterbrechung", erklärte Bischof Elbs. Unsere Gesellschaft werde "ihre Lebensfähigkeit nur bewahren, wenn es ihr gelingt, eine unverzweckte Zeit gemeinsamer Feste und gemeinsamer Frei-Zeit zur Verfügung zu halten". Der Sonntag solle ein Tag bleiben, an dem sich der Mensch Ruhe und Zeit gönnt: Elbs nannte Zeit für die Familie, Zeit für Hobbys und "Zeit auch für das Größere, Höhere, das wir Christen mit dem Wort Gott umschreiben".

Spuren Jesu folgen heißt tätige Nächstenliebe

Bezugnehmend auf den Heiligen Christophorus, der der Legende nach Jesus auf seinen Schultern über einen Fluss trug (und daher seinen Namen "Christusträger" bekam), wies Elbs darauf hin, dass gelebte Nächstenliebe die zentrale Antwort auf Gottes liebevolles Annehmen jedes Menschen ist. "Wenn wir unseren Glauben ernst nehmen, können wir nicht bei uns selber stehen bleiben", sagte der Bischof. "Wenn wir den Spuren Jesu folgen, landen wir automatisch bei den Bedrückten und Bedrängten, den Notleidenden und Kranken."

Derzeit herrschten "Zeiten der Extreme", gab Elbs seinen Eindruck wieder: "Wenn Extreme Überhand nehmen, ist das ein Zeichen dafür, dass die Mitte verloren gegangen ist - auch politisch, auch kirchlich." Angesichts dieser Entwicklung wolle er festhalten: "Die einzigen Extreme, an denen die Kirche auftauchen darf, sind die "Extreme" - d.h. auf Deutsch: die Ränder - der Armen und Kranken, der Benachteiligten und der Ausgebeuteten." Um diesem Auftrag besser nachkommen zu können, versammelten sich die Menschen in Gemeinschaften wie Familien, Freundschaften, Pfarrgemeinden oder in sozialen Gemeinschaften wie der Bruderschaft St. Christophorus, so Elbs. Durch deren soziales Engagement werde der von Paulus formulierte Auftrag tatkräftig gelebt: "Einer trage des anderen Last, einer trage den anderen durch Zeiten der Not: Je mehr dieser Geist, der ein zutiefst christlicher ist, Gestalt gewinnt, umso tragfähiger wird auch das Miteinander, das unsere Gesellschaft zusammenhält."

Mehr als 600-jährige Tradition

Die Bruderschaft St. Christoph wurde im Jahr 1386 von Heinrich Findelkind, einem Waisenkind und einfachen Viehhirten gegründet. Sie zählt heute mit über 20.000 Mitgliedern aus aller Welt zu den größten karitativen Einrichtungen des Alpenraumes. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der
Unterstützung von in Not geratenen Familien mit Kindern. Finanziert wird die Einrichtung durch die Jahresbeiträge der Mitglieder, zusätzliche Spenden und Benefizveranstaltungen. Seit der Wiedergründung 1962 führt die Familie Werner die Bruderschaft. ihr Sitz ist das Arlberg-Hospiz-Hotel in St. Christoph. Das alljährliche Bruderschaftswochenende mit vielen gemeinschaftsbildenden, kulturellen und solidarischen Akzenten fand heuer von 5.  bis 8. Juli statt. (www.bruderschaft-st-christoph.org)

Kathpress / red