Bei der heurigen Emsiana hielt Bischof Benno Elbs die Festrede. Auf scharfsinnige und gleichzeitig auch humorvolle Weise lud er das Publikum ein, Religionen und „katholische Kirche“ einmal anders, von ihren Schätzen her, zu sehen.

Wolfgang Ölz

Der Rittersaal im Palast in Hohenems bildete das rustikale Ambiente der Eröffnungsveranstaltung der Emsiana: Die reich verzierte Kassettendecke, Waffen aus der Ritterzeit und Bilder der Hohenemser Grafen aus dem 17. Jahrhundert umrahmten Konzert und Festrede. Markus Schadenbauer-Lacha gerieten seine Grußworte zu einer Liebeserklärung an Hohenems, diese „wundervolle Stadt“. Den Wunderkammern von Hohenems gelte bei der 7. Emsiana das Interesse, und er stellte die rhetorische Frage, ob nicht ganz Hohenems eine Wunderkammer sei. Zur Zeit der Erbauung des Hohenemser Palastes in der Spätrenaissance bzw. im Barock begannen nämlich die Adeligen, Kuriositäten zu sammeln und in Wunderkammern aufzustellen, so der Emsiana-Macher Schadenbauer-Lacha. 

Den musikalischen Rahmen bildete das Kammerorchester „tonart sinfonietta“ unter der Leitung von Markus Pferscher. Der Klangkörper spielte einen fröhlichen Marsch auf die Lebensfreude von Gilbert Klien. Julia Scheier trat mit ihrer Harfe in einen anspruchsvollen Dialog mit dem Orchester. Und mithilfe der Querflöte (Hossein Samieian) eröffnete die „tonart sinfonietta“ transzendente, tonale Höhen.

Moderne Aspekte des Gottesbegriffs
Folgerichtig meinte Bischof Benno Elbs, nach der Musik würde eine Meditation besser passen, aber er sei ja für einen Vortrag eingeladen. Der Bischof nahm das Thema der „Wunderkammer“ auf und führte in einem virtuellen Museumsrundgang durch die Wunderkammern der Religionen. Zu Beginn seiner Rede verdeutlichte er moderne Aspekte alles Religiösen und des Glaubens an Gott. So sagte der Bischof: „Die Aufklärung hat die frühere Selbstverständlichkeit, Gott als letzten Grund allen Seins zu sehen, schonungslos auf den Seziertisch des rationalen Verstandes geworfen.“ In Nachfolge von Nietzsches Diktum vom Tod Gottes sei Religion und Gott für viele Menschen „schlicht kein Thema mehr“. In einem weiteren Schritt griff der Bischof die Klischees in Verbindung mit den Religionen auf. Während der Islam unisono mit Gewalt in Verbindung gebracht werde, sei es bei der katholischen Kirche u.a. das Klischee von der reichen Kirche, das sich in den Herzen der Menschen findet.

Die Schätze der Religion
Im Anschluss spitzte der Bischof die kritische Sicht auf die Religion noch weiter zu, als er ausführte, dass „Religion fanatisieren und vor allem missbraucht werden“ könne: „Wie beantworten wir also zum Beispiel die Frage, warum junge Moslems in Österreich oder Deutschland sich plötzlich freiwillig in den Heiligen Krieg aufmachen?“ Der Logotherapeut und Existenzanalytiker Elbs postuliert folgende These dazu: „In ein religiöses Vakuum, in ein Werte-Vakuum hinein wuchern Gewalt, Fanatismus und auch Missbrauch.“ Im Finale präzisierte der Bischof in einer letzten „Wunderkammer“ die „Schätze der Religionen“: Die Schätze sind Hoffnung, Solidarität, Würde, ein Potenzial der Versöhnung und Heilung und der Blick in das Antlitz. Denn mit Emmanuel Levinas beantwortete er die Frage nach dem Warum des Holocausts so: „Weil die Menschen vergessen haben, in das Antlitz eines anderen Menschen zu schauen.“ Die Religion dagegen lädt dazu ein, dem Menschen ins Angesicht zu schauen. „Weil es die Grundüberzeugung gibt: der Mensch ist das Ebenbild Gottes.“ Es folgte lang anhaltender Applaus des Auditoriums, das Fundiertes und Differenziertes über die Wunder der Religion und der Kirche(n) erfahren hatte.

ZUR SACHE

Die Emsiana versammelt alljährlich eine Fülle von Konzerten, Theateraufführungen, Ausstellungen, Lesungen, Vorträgen und Führungen. Die Innenstadt von Hohenems verwandelt sich dabei in einen echten Kulturbezirk. Die Location ist tatsächlich für so ein Kulturevent geeignet, und blickt man auf den Stadtplan, so gibt es 24 rote, zu besuchende Punkte, die sich vor allem am Schloss- und Kirchplatz, in der oberen Marktstraße, der Schweizerstraße und der Harrachgasse konzentrieren. Einmal im Jahr wird deutlich, was die Innenstadt von Hohenems eigentlich für ein Potenzial hätte.

Liebevolle Kunst

Der bildenden Kunst kommt dieses Jahr besondere Bedeutung zu. Die Hohenemser Schriftstellerin Monika Helfer präsentiert erstmals eine Installation „Unterwelt“, in der sie private Fundstücke in einem Kellerraum arrangiert. Die Künstlerin verarbeitet in der dichten Schau auf sehr liebevolle Weise den allzu frühen Tod ihrer Tochter. Tone Fink hat vor der Restaurierung des Hauses Harrachgasse 5 dessen Fassade mit sich wiederholenden abstrakten und figürlichen Motiven überzogen. Arno Egger schuf einen Steinbrunnen, der - in Anspielung auf Heraklit - ständig fließt. Jeanette Frei bespielte das einzige historische jüdische Ritualbad, das in Österreich erhalten ist, die Hohenemser Mikwe, mit einer Installation gegenständlicher Bilder. Johannes Inama thematisiert in einem Kunstprojekt den Heimatbegriff der zugezogenen Hohenemser. Ein interreligiöses und ökumenisches Highlight bildete eine Veranstaltung zu „Kleidung bei religiösen Zeremonien“ in der Pfarrbücherei. Der evangelische Pfarrer Michael Meyer, Johannes Reis aus katholischer Sicht, Dinah Ehrenfreund-Michler als Vertreterin des Judentums und Imam Ahmet Altaci stellten ihre Bekleidungsvorschriften vor.

www.emsiana.at

(aus dem KirchenBlatt Nr. 23 vom 4. Juni 2015)