Gedanken zum Sonntag, 21. Juni 2015, von Bischof Benno Elbs

Es geht manchmal drunter und drüber im Sturm des Lebens. Die Ereignisse überstürzen sich. Das Wasser steht uns bis zum Hals. „Kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“ Diese Frage stellen die Jünger Jesus im Evangelium dieses Sonntags (Mk 4,35-41). Sie sind mit Jesus auf dem See. Und plötzlich erhebt sich ein heftiger Wirbelsturm und die Wellen schlagen ins Boot, sodass es sich mit Wasser füllt. Sie bekommen Angst.

Ist es Gott egal, wenn wir zugrunde gehen? Viele Menschen haben diese Frage, diesen stummen Schrei heute vielleicht auf ihren Lippen. Es ist die Frage von Flüchtlingen, die in überfüllten Booten auf dem Mittelmeer treiben. Es ist die Frage von kranken Menschen, die nicht mehr ein und aus wissen. Es ist die Frage von Menschen, deren Beziehung zu scheitern droht. Es ist die Frage vieler Christinnen und Christen, die verfolgt werden, die vertrieben werden wegen ihres Glaubens.

Wo ist Gott?
Vor kurzem habe ich mit einem Asylbewerber gesprochen, einem Christen. Er hat sich während seines Studiums in Wien zum Christentum bekehrt. Seine Eltern haben daraufhin jeden Kontakt zu ihm abgebrochen. Kein Telefonat, keine SMS, keine E-Mail wird beantwortet. In dem Land, aus dem er kommt, steht die Todesstrafe auf diesen Schritt des Glaubenswechsels. Und dieser 23-jährige junge Mann sagt mir, sollte er nun zurückgeschickt werden in seine Heimat, dann sieht er auch darin den Willen Gottes, und er wird dort für seinen Glauben vermutlich sterben. Ein berührendes Zeugnis, dass ein Mensch in dieser Ungewissheit, in dieser Spannung doch von einer tiefen Hoffnung getragen ist, dass Gott mit ihm ist. Er vertraut auf diese helfende Hand Gottes.

Vertrauen und Hoffnung
Das ist, glaube ich, ein großer Schatz der Religion. Ernst Bloch vertritt in seinem Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“, den Grundsatz, dass jeder Mensch Hoffnung braucht. Treffend drückt es die Dichterin Rose Ausländer aus, wenn sie schreibt:

Wer hofft
ist jung
Wer könnte atmen
ohne Hoffnung
dass auch in Zukunft
Rosen sich öffnen
ein Liebeswort
die Angst überlebt

Die Hoffnung, der Glaube sind die großen Geschenke der Religion in unserem Leben. Jesus fragt seine Freunde, die Jünger im Boot: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ „Wer glaubt, zittert nicht“, heißt ein geflügeltes Wort. Ich wünsche uns allen dieses Geschenk der Hoffnung und des Glaubens, das uns hineinführt in eine Haltung der Gelassenheit und der Freude. Sie können auch die Stürme und Unwetter unseres Lebens in Orte der Ruhe und des Frieden verwandeln.

Bischof Benno Elbs