An die LeserInnen des Vorarlberger KirchenBlattes.

Liebe Leserinnen und Leser unseres KirchenBlattes!


„Alles beginnt mit der Sehnsucht“, schreibt die jüdische Schriftstellerin Nelly Sachs. Denn, so geht das Zitat weiter: „Immer ist im Herzen Raum für mehr, für Schöneres, für Größeres. Das ist des Menschen Größe und Not: Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft und Liebe.“ Diese Zeilen atmen einen zutiefst adventlichen Geist. Advent ist in der Tat eine Zeit der Sehnsucht: nach Schönerem und Größerem, nach mehr Leben, nach Heilung unserer Wunden, nach Frieden und Gerechtigkeit. Sehnsucht auch nach jemandem, der all das Wirklichkeit werden lässt.

In vielen Gesprächen merke ich, dass die Sehnsucht in diesem Advent besonders groß ist. Corona hat uns gezeigt, dass vieles, was für uns bis vor kurzem noch selbstverständlich war, nicht automatisch funktioniert, sondern ein Geschenk ist: ein Treffen mit Verwandten und Freunden, ein Kinobesuch, der jährliche Urlaub. Das Leben in und mit der Pandemie hat unser Leben auf den Kopf gestellt und Extreme befördert. Viele Menschen gehen in ihrem Beruf bis ans Äußerste, andere wiederum sind zum Nichtstun gezwungen und bangen um ihren Job. Es gibt neue Gesichter der Armut. Und welche Folgen die derzeitige Situation für die Bildung der Kinder haben wird, kann im Moment nur erahnt werden.

Mitten in diese Situation passt ein Satz, der vor kurzem bei einem Austausch mit den Priestern unserer Diözese gefallen ist: „Hoffnung schenken können wir immer.“ Für mich ist das wie eine Überschrift über die heurige Advent- und Weihnachtszeit und zugleich ein Auftrag an uns Christinnen und Christen: Hoffnung zu schenken überall dort, wo Angst, Not und Verzweiflung herrschen. Ich bin dankbar für viele Initiativen und Ideen in unseren Pfarren, die genau das tun: Sie schenken Hoffnung und Zuversicht. Sie geben Halt und lassen Menschen spüren, dass sie nicht allein sind. Ich danke allen, die mithelfen, ein Netzwerk der Solidarität, des Glaubens und des Miteinanders über unser Land zu spannen.

Es ist keine leere Hoffnung, die wir zu den Menschen tragen. Denn die Zuversicht von uns Christinnen und Christen kommt aus dem tiefen Vertrauen, dass Gott Mensch wird und mit uns durch das Leben geht. Denn wenn es schwierig wird im Leben, macht sich Gott nicht aus dem Staub, sondern ist uns in Gestalt eines Kindes ganz besonders nahe. Dass Sie etwas von dieser Hoffnung erahnen und weiterschenken können, das wünsche ich Ihnen allen für die vor uns liegende Weihnachtszeit.

Ihnen und Ihren Lieben ein
gesegnetes Weihnachtsfest!


+ Benno Elbs
Bischof von Feldkirch