Gedanken zum Sonntag, 25. Februar 2018, von Bischof Benno Elbs

Schon kleine Kinder lieben es, auf die Schultern hochgehoben zu werden oder auf einer Schaukel weit hinaus zu fliegen. So gewinnen sie Überblick, fühlen sich größer als alle anderen. Genauso geht es vielen beim Wandern, Klettern oder – der Jahreszeit entsprechender – bei einer Skitour: Wer auf einen Berg steigt, sieht die Welt mit anderen Augen. Der Blick von oben und in die Ferne öffnet die Perspektive, weitet Gefühle und Gedanken und lässt die Seele aufatmen. Wir nehmen Dinge wahr, die wir sonst oft übersehen. Unser Alltag erscheint auf einmal in einer anderen Dimension.

Solche Momente, in denen sich Himmel und Erde berühren, nennt man auch Taborstunden. Der Begriff stammt aus dem biblischen Text, den wir an diesem zweiten Fastensonntag in den Gottesdiensten hören (Mk 9,2-19): Jesus nimmt drei seiner Jünger mit auf den Berg Tabor, wo er ihnen sprichwörtlich in einem neuen Licht erscheint: Jesu Gewand leuchtet weiß; er spricht mit Mose und Elija, den beiden großen Gestalten des Alten Testaments; und gleichsam als Besiegelung der Szene wird eine Stimme hörbar, die sagt: Jesus ist der von Gott geliebte Sohn.

Es ist kein Zufall, dass sich diese Szene auf einem Berg zuträgt. Die Jünger erhalten in der Höhe nicht nur einen anderen Blick auf die Landschaft, sondern auch auf Jesus. Mit einem Wort: Es ist ein echter Licht-Blick inmitten des Lebens. Zwei Gedanken zu dieser Erzählung können auch für uns und unser Leben heute wichtig sein:

„Schöner Augenblick, verweile“

Es ist klar: Von solchen Glücksmomenten möchte man, dass sie nie zu Ende gehen. So ergeht es auch den Jüngern Jesu. Petrus will in seiner spotanen Begeisterung am liebsten drei Hütten bauen, um den Augenblick festzuhalten. Der Sinn solcher Momente ist aber: Man muss sie vergehen lassen und vom Berg wieder herabsteigen, um gestärkt ins Leben zurückzukehren und es im Licht dieser beflügelnden Erfahrung neu und anders zu gestalten.

Klarheit gewinnen

In diesem strahlenden Licht wird den Jüngern deutlich, wer Jesus eigentlich ist: Sohn Gottes. Genauso geht es in den Lichtmomenten unseres Lebens nicht darum, etwas schönzufärben, sondern Klarheit zu gewinnen. Das Licht soll nicht (ver-)blenden, sondern erhellen und klarstellen. Und so kann die Frage an mich sein: Wo kann ich mehr Licht in mein Leben lassen? Oder wie kann es bei mir eine Taborstunde geben?

Tausend Licht-Blicke

Vielleicht gibt es einen Lichtblick, der mir die Bedeutung einer Beziehung wieder sichtbar macht, die ich möglicherweise vernachlässigt habe. Oder eine Krankheit, eine Krise sorgt für einen Stopp und lässt mich die Bedeutung der Familie erkennen, die mich trägt und in Stunden von Angst und Einsamkeit bei mir ist. Vielleicht wird das Sehen einer Schuld zu einem Lichtblick, wenn ich merke: hier brauche ich Versöhnung oder da möchte ich Mauern abreißen und Brücken bauen – vielleicht durch ein klärendes Gespräch oder in einer Beichte. Oder die Erfahrung, wie wichtig Glaube sein kann – das Wissen, dass Gott mich trägt, dass er die Welt und auch mich unendlich sanft in seinen Händen hält. Ein Lichtblick kann auch ein spontanes Danke für ein unerwartetes Glück sein: für ein Gespräch, eine Umarmung, ein gutes Wort, einen Blick, die erwachende Natur. Ein Danke ist wie ein Licht in meiner Seele. Ja, solche Licht-Blicke für Glauben und Leben wünsche ich uns für diese Fastenzeit.

Bischof Benno Elbs