Zwei „Seel-Sorger“ im Gespräch über die Seele: Bischof Benno Elbs und Psychiater Albert Lingg waren zu Gast beim Montagsforum Dornbirn.

Die Seele ist ein Wort, das man schnell und wie selbstverständlich im Mund führt: Man spricht von „guten“, „armen“ und „treuen Seelen“. Tourismuswerbungen aller Art wollen uns dazu verführen, „die Seele baumeln zu lassen“. Was aber bedeutet „Seele“? Wie kann man sie erklären? Bischof Benno Elbs und Dr. Albert Lingg haben beim Montagsforum Dornbirn den Versuch unternommen, sich auf unterschiedlichen Wegen diesem Begriff zu nähern.

Der Psychiater: „Sprich nur ein Wort…“

Albert Lingg, Psychiater und ehemals Primar am LKH Rankweil, spannte bei seinem Vortrag ein breites Panorama aus: Er ging in seinem Vortrag auf die unterschiedlichen, quer durch die Jahrhunderte hindurch entwickelten Seele-Vorstellungen ein, um dann auf aktuelle Fragestellungen und Entwicklungen in Psychiatrie und moderner Hirnforschung zu sprechen zu kommen. „Ich habe so viele Leichen seziert, aber nie eine Seele gefunden” – dieses Zitat des Pathologen Rudolf Virchow stehe stellvertretend für die skeptische Haltung, die die moderne Naturwissenschaft gegenüber dem Seelebegriff eingenommen habe.

Der Theologe: „…dann wird meine Seele gesund“

„Die Seele ist der Lebensmotor des Menschen“ – das erläuterte Bischof Benno Elbs mit Verweis auf den biblischen Schöpfungsbericht. Bischof Benno selbst kennt nicht nur den theologischen, sondern auch den psychologischen Blick auf die Seele, ist er doch ausgebildeter Psychotherapeut in der Schule Viktor E. Frankls. Beide Perspektiven ließ er in seinem Statement zusammenfließen. Zu Beginn wehrte er sich gegen verschiedene Stimmen, die seit einiger Zeit einen Abgesang auf die Seele angestimmt haben. Vielmehr sei die Seele jene Dimension im Menschen, die auf Gott offen ist. Und: „Die Seele als der tiefste Kern der eigenen Persönlichkeit ist zugleich auch jener Punkt, wo seine Würde verankert ist.“

Begegnungen, Erlebnisse, Gespräche hinterlassen Spuren in unserer Seele: Sie können aufbauen, bereichern, vorantreiben, sie hinterlassen aber auch Wunden: Burnout, Depression, Entfremdungserfahrungen gehören zur Signatur unserer Zeit. Um nicht im Hin-und-Her des Alltagsbetriebes aufgerieben zu werden, verwies der Feldkircher Bischof konkret auf einige Aspekte, auf die man im Leben achten könne, um die Seele gesund zu erhalten: Freundschaft, Ruhe, Zeit, Schönheit gehören ebenso dazu wie ein achtsamer Umgang mit dem eigenen Körper: „Seelsorge muss Leibsorge miteinschließen.“ Das alles nährt die Seele und schafft einen Raum, in dem sich Glaube, Hoffnung und Liebe entfalten können.

Gott spricht sein Ja zum Menschen

In der nachfolgenden Diskussion wurden unter Einbeziehung des Publikums wichtige Fragen vertieft: Um die Verhältnisbestimmung von Leib und Seele ging es da ebenso wie um die Frage, ob Tiere eine Seele haben oder wie es mit der Seele nach dem Tod weitergehe: „Was schauen wir an, wenn wir in ein Grab schauen?“, so wurde die Frage auf den Punkt gebracht. Bischof Benno kam in seinem Antwortversuch schnell zum Kern der christlichen Botschaft, nämlich zur Auferstehung, und erklärte, warum er persönlich an ein ewiges Leben glaube: „Ich bin davon überzeugt, dass Gott sein Ja zu jedem Menschen, das er in der Schöpfung gesprochen hat, nie zurücknimmt: auch nicht im Tod.“

Obwohl sich in der Vergangenheit Theologie und Psychologie in Bezug auf die Seele nicht immer eins waren, stimmen  der Theologe Elbs und der Psychiater Lingg in vielen Fragen überein – etwa auch, wenn es darum geht, die Wichtigkeit der Pflege des inneren Lebens zu betonen. „Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des Menschen, auf seine Seele zu achten“, warf Albert Lingg ein. Und Bischof Benno fasste mit Blick auf aktuelle Fragestellungen zusammen: „Die Seele verweist darauf, dass wir alle Personen sind, die nicht als Mittel zum Zweck missbraucht werden dürfen. Wir sind ins Dasein geliebte Wesen, die nicht nur einen Wert, sondern eine unbedingte Würde haben, die uns niemand nehmen kann. Wir alle dürfen nicht müde werden, uns und andere Menschen daran zu erinnern!“

Den ungekürzten Vortrag von Bischof Benno finden Sie hier.