An den beiden Festen Allerheiligen und Allerseelen schauen wir nicht nur auf die Heiligen, von denen wir vertrauen, dass sie ganz bei Gott sind. Wir sind auch in dankbarer Erinnerung verbunden mit unseren verstorbenen Familienangehörigen, Freund:innen und Weggefährten. Warum das Gebet für die Verstorbenen nicht nur ein Liebesdienst, sondern auch ein Auftrag an eine christliche Gemeinde ist, darüber schreibt Bischof Benno Elbs in seinen Gedanken zum heutigen Feiertag.

„Jemanden lieben heißt, ihm sagen: Du wirst nicht sterben.“ Diese Worte hat, so wird erzählt, der französische Denker Gabriel Marcel kurz nach dem Tod seiner Frau auf einen Zettel geschrieben und ihr in die Hand gelegt. Mit diesem Zettel, mit dieser Botschaft in der Hand ist sie dann auch beerdigt worden. „Jemanden lieben heißt, ihm sagen: Du wirst nicht sterben.“

In diesem Satz drückt sich das große Vertrauen aus, dass die Liebe alle Grenzen überwindet. Liebe hört nicht auf, auch nicht im Tod. Das wird uns an Allerheiligen und Allerseelen, wenn wir die Gräber unserer Lieben besuchen und für sie beten, vielleicht stärker bewusst als sonst.  

Ein Friedhof ist ein Ort der Dankbarkeit und des Gedächtnisses. Hier werden Erinnerungen wach und wir fühlen uns über den Tod hinweg mit unseren Verstorbenen verbunden. Wer an einem Grab steht und für die Verstorbenen betet, sieht sie in einem anderen Licht: im Licht der Auferstehung und des Lebens, das Gott schenkt. Dieses Beten verbindet uns zum einen mit unseren Wurzeln und mit Menschen, denen wir viel verdanken. Zum anderen verbindet es uns auch mit dem Grund unserer Hoffnung als Christinnen und Christen: dass durch die Auferstehung Jesu für unsere Verstorbenen der Himmel offensteht. Das Totengedenken ist deshalb nicht nur ein Liebesdienst, sondern auch ein Auftrag für eine christliche Gemeinde. Denn mit unserem Beten bezeugen wir unsere Hoffnung, dass Gott, der den Menschen aus Liebe erschaffen hat, ihn auch nach dem Tod an der Hand nimmt und zum Leben führt.  

„Jemanden lieben heißt, ihm sagen: Du wirst nicht sterben.“ Kürzer und schöner kann, wie ich finde, die Botschaft der Auferstehung und des ewigen Lebens kaum gesagt werden.

Bischof Benno Elbs