Gedanken zum Sonntag, den 10. November von Diözesanbischof Dr. Benno Elbs.

Erst die brasilianische Präsidentin, dann Angela Merkel und nun sogar Papst Franziskus: Fünf Monate nach den ersten Enthüllungen des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden hat der NSA-Abhörskandal auch den Vatikan erreicht. Der US-Geheimdienst habe möglicherweise Erzbischof Bergoglio, den heutigen Papst, in den Tagen vor dem Konklave abgehört.

Gelassen
Während die Wogen der Empörung weltweit hoch gehen, gibt sich der Vatikan gelassen. Die Möglichkeit einer totalen Überwachung, die in den Abhörskandalen sichtbar wird, schafft Unsicherheit, sie schürt Misstrauen, Angst. Auch wenn wir uns deswegen vielleicht noch nicht existenziell bedroht fühlen müssen, die Verunsicherung bleibt, das Vertrauen bekommt Risse.

Carl Lampert
Noch weit dramatischer war dies wohl für Provikar Carl Lampert, dessen Todestag wir am 13. November gedenken. Trotz Verhören, trotz Erniedrigung und seelischem Terror blieb sein Leben unter dem großen Bogen des Vertrauens, unter dem großen Bogen und im großen Horizont der Liebe. Aus seinen Briefen wird sichtbar, welche schier unermessliche Kraft er aus dem Gebet schöpfte, wenn er in der Todeszelle schreiben konnte:

Ein kleiner Sonnenstrahl
stiehlt sich durchs kleine Kellerfenster
in meine Zellengruft.
Allweiser du, mein Gott,
anbetend stehe ich vor dir,
wie Schalen sind offen mir die Hände mein.
Was meiner Seele frommt, leg du hinein.
Und dankend preis ich dich
für Glück und Leid und Tod.

Beten, das heißt, Gott größer denken. Trauen wir ihm wirklich etwas zu? „Im Gebet müssen wir mutig sein und entdecken, worin die wirkliche Gnade besteht, die wir erhalten, nämlich Gott selbst“, sagt Papst Franziskus in einer Meditation über das Gebet. „Ein Gebet, das nicht mutig ist, ist kein richtiges Gebet. Wir müssen Mut haben, darauf zu vertrauen, dass der Herr uns erhört.“

Papst Franziskus weiter: „Wenn wir mutig beten, gibt uns der Herr die Gnade, gibt sich aber auch selbst in der Gnade: den Heiligen Geist, sich selbst! Niemals gibt oder schickt der Herr eine Gnade via Post: Niemals! Er bringt sie selbst! Er selbst ist die Gnade! Das, worum wir bitten, ist ein bisschen wie das Geschenkpapier, das die Gnade umhüllt. Aber die wahre Gnade ist er, der kommt, um sie mir zu bringen. Er ist es. Unser Gebet bekommt, wenn es mutig ist, das worum wir bitten, aber auch das, was noch wichtiger ist: den Herrn.“
Kein Gebet bleibt ohne Wirkung. Kein Gebet bleibt ohne Folgen. Ich wünsche uns von Herzen, dass wir diese Erfahrung im Leben immer wieder machen dürfen: Das Gebet ist das Netz des Vertrauens, das unser Leben trägt.

Dr. Benno Elbs, Diözesanbischof