Gedanken zum Sonntag, 11. Jänner 2014, von Bischof Benno Elbs.

Heute feiert die Kirche das Fest der Taufe Jesu. Im Evangelium heißt es dazu:
“Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.” Bemerkenswert: Jesus hat noch nichts gesagt, noch nichts getan. Aber: “Du bist mein geliebter Sohn.”


Es gibt für einen Priester kaum einen berührenderen Augenblick, als wenn Eltern ihr Kind zur Taufe bringen. Ein Lächeln liegt im Gesicht der Mitfeiernden, Tränen der Freude treten in die Augen der Eltern und Großeltern. In der Taufe sagen die Eltern ihrem Kind öffentlich und festlich: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter.” Und sie geben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass ihr Kind in den vielen Gefahren des Lebens beschützt ist.

 

Eine Liebeserklärung

Noch viel mehr aber sagt Gott in der Taufe sein tiefstes und schönstes Wort, das niemand rückgängig zu machen vermag: „Ich liebe dich, du Mensch.” Durch dieses Wort öffnet sich der Himmel für jeden von uns. Die Taufe nimmt uns hinein in die Atmosphäre der Liebe Gottes. Andreas Knapp beschreibt das sehr treffend in seinem Gedicht “Taufe”:


pränatale diagnose
zeigt von anfang an
die erbliche belastung
verstrahlt durch
die überdosis schuld
der ganzen menschheit
mit letalen folgen
taufe aber
heilwasser
aus gutem grund
die altlasten werden bereinigt
alle angst abgewaschen
du wirst in vertrauen gebadet
gegen den tod geimpft
im wasserzeichen des lebens


Ein afrikanisches Sprichwort lautet: “Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.” – Schatten umgeben oft unser Leben. Die Angst vor dem Tag. Die Angst vor Menschen. Die Last, die oft auf dem Leben von uns Menschen liegt. Man muss nur einmal auf die bedrückte Miene vieler Menschen achten, um zu sehen, wie tief oft Schatten auf den Gesichtern liegen können.

 

Sich dem Licht zuwenden

Taufe heißt, wir dürfen unser Gesicht der Sonne zuwenden, Gott zuwenden. Die Taufe schafft keine schattenfreie Helligkeit um uns. Aber die Schatten müssen nicht mehr auf den Weg fallen, der vor uns liegt. Sie müssen nicht auf unseren Arbeitsplatz fallen und in unsere Familien. Sie dürfen hinter uns bleiben, wenigstens für Augenblicke und Stunden.
In der Taufe geschieht dieses große Wunder, dass Gott sich uns zuwendet. Die Taufe nimmt uns hinein in die große Familie der Söhne und Töchter Gottes. Hier sagt uns Gott, was Rose Ausländer so wunderschön zum Ausdruck bringt:

Wir wohnen
Wort an Wort
Sag mir
dein liebstes
Freund
meines heißt
DU


Ich wünsche uns an diesem Sonntag, dass diese Freude über den offenen Himmel unsere Seelen erfüllt.

Dr. Benno Elbs, Diözesanbischof