Hirtenwort von Bischof Benno Elbs zum Beginn der Österlichen Bußzeit 2022

Liebe Schwestern und Brüder!

„Ein Segen sollst du sein!“ (Gen 12,2) Diese Verheißung hat Gott Abraham mit auf den Weg gegeben, als er mit seiner Frau Sara seine Heimat verlassen hat. Die Geschichte des Volkes Israel und damit des biblischen Glaubens beginnt also mit dem Auftrag, für andere Segen zu sein. Wer gesegnet ist, weiß sich von Gott angenommen, behütet und beschützt. Dieser urmenschlichen Sehnsucht nach Glück und gelingendem Leben wollten wir in der Diözese mit der Initiative „Mein Segen“ entgegenkommen. Ich bin von Herzen dankbar, dass sich viele Pfarren daran beteiligt haben und so Menschen im ganzen Land Segen und Hoffnung zuteilwerden konnten.  

Segen ist eine Gabe, aber auch eine Aufgabe. Wir sind gesegnet, damit wir selber zum Segen werden. Zugleich ist er auch ein Maßstab, an dem wir als Christinnen und Christen gemessen werden können. Ich frage mich oft: Wird das, was wir als Kirche reden und tun, zum Segen für die Menschen? Eröffnet es Zukunft? Stärkt es Gemeinschaft?

Eine Frucht des Segens ist der Friede. Papst Franziskus schreibt in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag am 1. Jänner 2022: „In jedem Zeitalter war der Frieden zugleich Gabe aus der Höhe und Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung. […] Alle können zusammenarbeiten, um eine friedvollere Welt aufzubauen: angefangen vom eigenen Herzen und von den Beziehungen in der Familie, in der Gesellschaft und mit der Umwelt, bis zu den Beziehungen unter den Völkern und zwischen den Staaten.“ Niemand von uns hätte gedacht, dass diese Sätze von Papst Franziskus so rasch so aktuell sein würden. Während wir die sanfte Hoffnung hatten, allmählich einen Weg aus der Pandemie zu finden, ist durch den Krieg in der Ukraine der Friede in ganz Europa akut in Gefahr.

Unsere Sehnsucht nach einer guten, friedvollen Zukunft kann nur in einer Gemeinschaft Wirklichkeit werden, in der wir Menschen uns nicht als Feinde und Konkurrenten gegenüberstehen, sondern einander als Schwestern und Brüder begegnen. Wir alle gehören zur einen Menschheitsfamilie. Denn Gott hat uns geschaffen, damit wir in Eintracht miteinander leben und aufeinander schauen. Der Friede ist eine Grundbotschaft der Bibel und das Zentrum der Verkündigung Jesu: „Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.“ (Mt 5,9) Für uns Christinnen und Christen ist das jetzt die erste Aufgabe: Zeichen des Friedens und der Solidarität zu setzen; für Frieden und Versöhnung zu beten.

In der österlichen Bußzeit stehen seit langer Zeit drei Elemente im Mittelpunkt: Gebet, Fasten und Werke der Liebe. Ich denke, dass wir mit Blick auf die aktuelle Situation diese drei Punkte auch in die Mitte der heurigen Fastenzeit stellen können:

Ich lade Euch ein, für den Frieden zu beten. Das Gebet ist eine Quelle des Friedens, die die Verbundenheit stärkt und der Versöhnung Raum gibt. Beten wir zum „Gott des Friedens“ (1 Thess 5,23) für die Ukraine sowie für alle Menschen, die in den Krisengebieten unschuldig leiden.

Das Fasten ist ein konkretes Zeichen der Solidarität mit jenen Menschen, denen das Nötigste zum Leben genommen ist. Fasten ist mehr als Verzicht. Denn es macht achtsam für die Not anderer und öffnet das eigene Herz für die Situation von Menschen, die unschuldig leiden und ihrer Lebenschancen beraubt sind.

Und schließlich sollen Beten und Fasten in tätige Nächstenliebe münden. Sie ist das Glutnest des Glaubens schlechthin, an dem sich Hoffnung und Freude entzünden. Mitgefühl sowie konkrete Hilfe für die an Krieg und Gewalt Leidenden lassen Nähe und Zärtlichkeit wachsen, zwei Haltungen, die im Handeln Jesu besonders aufleuchten. Diese Tage haben auch gezeigt, wie groß die Hilfsbereitschaft von Organisationen wie der Caritas, aber auch der Zivilgesellschaft ist. Ich bitte Euch, diese Hilfsinitiativen nach Euren Möglichkeiten zu unterstützen. Herzlichen Dank dafür!

Liebe Schwestern und Brüder!

„Friede sei mit euch.“ Das war der Gruß des Auferstandenen, als er am Ostertag in die Mitte seiner Jünger trat. Auf diesen Frieden von Ostern hoffen wir in der heurigen Fastenzeit ganz besonders. Gott segne Euch und Eure Familien, damit Ihr zu Botinnen und Boten des Friedens werdet überall dort, wo ihr daheim seid und wohin die Wege Euch führen.

+Benno Elbs