Gedanken zum Osterfest 2020 von Bischof Benno Elbs.

Corona – das ist in diesen Tagen oft zu lesen – hat die Welt verändert. Angesichts der unzähligen Kranken und Toten weltweit spüren wir ganz besonders die Verwundbarkeit und Zerbrechlichkeit des Lebens. Und unsere Hilflosigkeit. Wie können wir, die wir gern Herr der Lage sind, mit dieser Ohnmachtserfahrung umgehen? Was mich auch beschäftigt: Wie können wir in unserer Not auch die Not der anderen sehen – nicht zuletzt das Elend der Flüchtlinge in Griechenland?

Vor kurzem fiel mir ein Satz der jüdischen Intellektuellen Etty Hillesum in die Hände. Sie wurde 1943 in Auschwitz ermordet. Ihre Tagebucheinträge aus dem Konzentrationslager beendete sie mit den wunderbaren Worten: „Man möchte Balsam für viele Wunden sein.“ 

Dieser Satz weckt aktuelle Bilder. Wenn wir wieder zu einem normalen Leben zurückkehren können und einander in den Straßen oder bei der Arbeit treffen, sollten wir uns daran erinnern, dass die Person neben mir eventuell Wunden mit sich trägt, die noch nicht geheilt sind: jene, die einen lieben Menschen verloren haben und sich womöglich nicht verabschieden konnten. Jene, die selber krank waren und Angst um ihr Leben hatten. Jene, die beruflich oder privat an ihre Grenzen geraten sind. Sie – wir – alle brauchen dann ein aufrichtendes Wort, einen tröstenden Blick, ein Lächeln, das Freude schenkt. Balsam für die viele Wunden.

In dieser Situation feiern wir heute Abend die Auferstehung Jesu. Im Leid öffnet sich eine Tür zum Leben. Zwar mischt sich diesmal zum Osterhalleluja eine gedämpfte Moll-Stimme. Und dennoch tritt der Auferstandene auch heuer in unsere Mitte – in die Mitte unserer Verzweiflung, Nöte und Ängste – und richtet uns auf. Er gibt uns Hoffnung. Ostern ist ein Fest, das eine neue Zukunft schenkt. Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie an diesem Osterfest ganz besonders.