Gedanken zum Sonntag, 29. April 2018, von Bischof Benno Elbs

Die Strahlen der Sonne locken uns hinaus in die Natur. Frisches Grün, bunte Blumen, Bäume in weiße und rosafarbene Blütenwolken gehüllt. Vergnügt zwitschern die Vögel. Eine Stimmung von Freude und Jubel breitet sich in diesen Frühlingstagen in der Seele aus.

Freude und Jubel, das sind auch die ersten Worte von Papst Franziskus in seinem neuen Schreiben. „Freut euch und jubelt“ fordert er uns euphorisch auf. Die Freude ist das Erkennungszeichen, ja die DNA der Christen und Christinnen. Wohl nicht zufällig führen alle Lehrschreiben dieses Papstes das Thema Freude im Titel. Christ-Sein hat nichts mit Verdruss, Verzagtheit oder mit Kulturpessimismus zu tun. Kennzeichen des Christen/der Christin ist vielmehr die Freude. Und um das Eingemachte, das Innerste des Christ-Seins geht es Papst Franziskus damit, nämlich um den Ruf zur Heiligkeit.

Die Heiligen von nebenan

Und da stellen sich beim Durchschnittsmenschen und Durchschnittschristen schon gleich mal die Haare auf: Aber das ist nichts für mich! Damit kann nicht ich gemeint sein! Dabei bezeichnet der Apostel Paulus die Christen ganz selbstverständlich als Heilige: „Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen“ (Brief an die Kolosser 3,12). Auch Papst Franziskus nimmt dem Thema Heiligkeit das Schwere und Ernste, das wir damit landläufig verbinden. Er spricht von den „Heiligen von nebenan“, und nennt als Beispiele „Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, (…) Männer und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, (…) Kranke, die weiter lächeln.“ Heiligkeit wächst durch viele kleine Gesten, es ist ein Weg der kleinen, oft unscheinbaren Schritte. Wo kann es in meinem Leben solche kleinen Gesten geben? Gesten, die dem anderen ein Lächeln auf die Lippen zaubern? Gesten, die Gerechtigkeit aufleben lassen? Gesten, die zu Aussöhnung beitragen und Verwundetes verbinden?

Heilig, selig, glücklich

In den Seligpreisungen der Bergpredigt, aus denen die programmatischen ersten Worte des Schreibens von Papst Franziskus stammen, sagt Jesus diese jubelnde Freude nicht etwa den Superstars und erfolgreichen „Überfliegern“ zu, denen alles so ganz nach Wunsch gelingt. Er sagt es ausgerecht denen, „die um seinetwillen verfolgt oder gedemütigt werden“ (Mt 5,12).

Die Seligpreisungen sind so etwas wie der „Personalausweis“ des Christen, sagt Papst Franziskus. Was also sind die  „besonderen Kennzeichen“ eines Christen, einer Christin? – Glücklich, selig ist, wer arm und bescheiden lebt in einer Welt, die auf Besitz, Macht und Sicherheit setzt; wer sanftmütig ist in einer Welt, in der sich der Stärkere durchsetzt; wer mit anderen trauern kann in einer Welt, die den seelischen Schmerz anderer nicht wahrnimmt; wer nach Gerechtigkeit strebt in einer Welt globaler Ungerechtigkeiten; wer ein Herz hat für Einsame, Kranke, Ausgenutzte in einer Welt, wo jeder sich selbst der Nächste ist.

Auch im Evangelium dieses Sonntags, dem Gleichnis Jesu vom Weinstock und den Reben, klingt etwas von dieser Haltung der Heiligkeit an. Ein Weinstock ist meist ein unscheinbarer, knorriger Strunk, der zwei, drei frische Triebe bringt. Diese blühen dann und tragen Früchte. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“, sagt uns Jesus zu. In der lebendigen Verbindung mit ihm können wir ganz, lebendig, fruchtbar, heilig werden.

Bischof Benno Elbs

Foto: Auch Sternsinger – hier auf dem Wochenmarkt in Bregenz – laden zum „Fest am See“ am 26. Mai ein. Ein Fest der Freude zum 50. Geburtstag der Diözese.