Der Turm aus Bauklötzen stürzt ein, ein Familienmitglied wird krank, ein anderes ist "nur noch traurig" - die Krisen, in einem Kinderleben können sehr unterschiedlich sein. Manchmal ist es dann leichter, gemeinsam ein Buch zu lesen, als Fragen zu beantworten.

Martin Schmid, Psychologe und personenzentrierter Psychotherapeut in Ausbildung, war bei der Jahrestagung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare in Hittisau zu Gast. In seinem Vortrag (Präsentation) sprach er über Bücher, die in kindlichen Krisensituationen helfen können. Dankbar sind dann meist beide Seiten: Kind und Erwachsene.

Häschen tröstetCorri Doerrfeld: "Häschen tröstet", Zuckersüß Verlag: Der kleine Charlie baut einen Turm aus Bauklötzen und ist sehr stolz darauf. Aber ein Schwarm Vögel lässt den Turm einstürzen. Charlie ist traurig. Nach und nach kommen verschiedene Tiere und geben ihm Ratschläge, was er jetzt tun könnte. Nichts hilft. Bis das Häschen kommt - und einfach nur zuhört. Der englische Titel des Buches "The Rabbit listened" macht deutlich, worum es geht: ums Zuhören. Die tröstende Beziehung zeigt sich hier im absichtslosen Zuhören, im So-Sein-Lassen wie es gerade ist. 

weil du mir so fehlst Ayse Bosse und Andreas Klemmt: "Weil du mir so fehlst", Carlsen Verlag: Jemand ist gestorben und der Bär ist sehr traurig darüber. Das Buch holt die Kinder dort ab, wo sie gerade in ihrer Trauer sind und nimmt die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Emotionen genauso in den Blick, wie die für Kinder typische Form der "diskontinuierlichen Trauer", um möglichen Schuldgefühlen entgegenzuwirken. Das Buch kann gemeinsam mit den Kindern interaktiv gestaltet werden. Zum Beispiel können Fotos eingeklebt und Erinnerungen festgehalten werden. Zudem finden Erwachsene kleine Ratschläge, wie sie die traurige Situation mit den Kindern meistern können.

Der GrolltrollBarbara van der Speulhof, Stephan Picken und aprilkind: "Der Grolltroll", Coppenrath Verlag: Es könnte doch alles so schön sein, wenn nicht immer so blöde Dinge passieren würden. Da stürzt die Hütte ein, dort will einfach kein Apfel vom Baum geschüttelt werden. Das macht den Grolltroll wütend. Das spürt er im Bauch. Emotionen sind Teil unseres körpereigenen Informations- und Problemlösesystems. Sie geben Hinweise auf Bedürfnisse. Diese Idee greift das Buch "Der Grolltroll" auf und hilft dabei, dem Wütend-Sein und Wütend-Werden ein Ende zu setzen. Wahrnehmung und Benennung stehen hier im Fokus: Was sagt mir gerade mein Körper? Welche Bedürfnisse werden gerade wie körperlich spürbar? 

Als Mama nur noch traurig war Anja Möbest: "Als Mama nur noch traurig war", Coppenrath Verlag: Der Großteil der Menschen in unsere Gesellschaft ist einmal im Leben von einer Depression betroffen. Es ist dann viel verlangt, von einem Kind Verständnis zu erwarten. Das Buch "Als Mama nur noch traurig war" leistet "Übersetzungsarbeit" und macht so die Welt für Kinder wieder erklärbar und damit benennbar. 

Und da war noch....

Reinhard Ehgartner und Helga Bausch: "Dr. Maus kommt heut ins Haus", Tyrolia Verlag: Zwar nicht im Vortrag von Martin Schmid erwähnt und nicht minder hilfreich bei ganz alltäglichen, für Erwachsene vielleicht auch kleinen Krisen - "Dr. Maus kommt heut ins Haus". Das Bilderbuch für Kinder ab 4 Jahren greift jeweils auf einer Doppelseite die Alltagskrisen eines Kinderlebens auf: Bauchweh, weil die Knödel zu gut geschmeckt haben, Angst vor dem bellenden Nachbarshund, die Schramme am Knie, ... Gemeinsam mit einem Erwachsenen kommt man so beim gemeinsamen Lesen ins Erzählen. Das Buch ist übrigens Teil des Lese-Rezepte Projekts. Mehr Informationen dazu gibt es hier.