Kaiser Josef II. schaffte viele Feiertage ab, um die wirtschaftliche Produktivität zu steigern und "Aberglauben abzuschaffen". Der Pfarrer von Altenstadt hielt sich nicht daran und wurde schwer gerügt.

Archivale des Monats August 2013

Die Sachlage

Mit einem Schreiben der k. k. Kanzlei in Feldkirch wurde der Vorfall bei der "hohen Landesstelle" angezeigt und erklärt die Sachlage: "...daß wir über jenes, was der Herr von Wocher wegen dem Pfarrer zu Altenstadt, ob dieser nämlichen einen Feyertag wegen den in Heu zu häufig entdeckten Insecten, und Raupen zu halten angekündiet, und alle Arbeit an diesem Tag bey 5 Pfund Wachs Strafe verbotten habe, den gedachten Pfarrer über diese Zulage ordentlich zur Verantwortung ziehen und solche sohin an hochbelobte Landes-Stelle einbegleiten sollen."Pfarrkirche Altenstadt

Der damalige Pfarrer von Altenstadt, Joel Anton Orsi von Reichenberg, Domkapitular von Chur, war ein Gegner der josefinischen Reformen und hatte also am 18. August 1780 einen Feiertag mit Prozession gegen befürchtete Ernteausfälle angeordnet und abgehalten. Da von Kaiser Josef II. viele lokale Feiertage, Bräuche und Prozessionen als unproduktiv und "abergläubisch" abgeschafft worden waren, hatte er damit einen schweren Verstoß gegen die neuen Gesetze begangen. Die Rüge durch die politische Behörde folgte ohne Verzögerung.

Die Rüge

Die kaiserlich-königliche Kanzlei der Graf- und Herrschaft Feldkirch schrieb deshalb an Pfarrer Orsi von Reichenberg: "Wir können kaum glauben, daß der Herr Pfarrer auf den 18ten dieß [Monats] ein Feyertag verkündet, und zugleich alle Arbeit unter fünf Pfund Wachs Straf verbothen haben solle.

Erzieherische Maßnahmen

Die Behörde lässt es für diesmal durchgehen, warnt aber vor unangenehmen Folgen: "Ist dieses! So wird solches für dießmal als ein schon geschehene Sache ernsthaft, und wohlmeynend geahndet, weil solch eigenmächtiges Fürgehen wider die allerhöchsten Verordnungen lautet, und einen Seelsorger Feyertage anzustellen nmit Strafankündung wider dießeitigen Amtsangehörige fürzugehen in kein weg zustehet, sondern von einer höchern Macht abhanget, und wider den gewalt eines Seelsorgers lautet."

Die Gefahren dieser Feiertage

Wirtschaftliche Unproduktivität und Müßiggang der Bevölkerung waren wesentlich Beweggründe zur Reduktion der Feiertage: "Wenn man zu dem Urheber der Natur das wahr Zutrauen nemmen will, so ist ja nicht nöthig daß man das Volk den ganzen Tag dem Müßiggang aussetzen, und die Zeit in den Würths- und Trinkhäusern zuzubringen Gelegenheit mache, und zu Sünd, und Laster, welche insgemein auf den Müßiggang und Wein entstehen, Thür, und Thor eröffnen."

Die "vernünftige" Frömmigkeit

Kaiser Josef II.Die josefinischen Gesetze mahnen auch in der Frömmigkeit zu Nüchternheit und Einfachheit, großer Pomp und lange Zeremonien wurden als unnötig errachtet: "Ein einziges Pater noster, et Ave so aus wahrem Zutrauen hergefloßen, hätte eben so viel bey Gott erwecket, und würde ihm weit angenemmer gewesen seyn."

Ein Belehrung aus der Geschichte

Ein historisches Beispiel sollte dies noch untermauern: "Als zu Konstantinopel unter dem Kaiser Theodosio dem Jüngern sechs Monat lang die ganze Stadt, und derselben Gegenden mit stätem, und erschröcklichem Erdbeben erschütteret worden, der allenthalben großen Schrecken verursachet hat, so hat kein einziges Gebeth, obgleich der Kaiser mit dem Patriarchen, und dem ganzen Volk auf dem freyen Feld Tag, und Nacht dem Gebeth abgelegen, als dieses ganz kurze geholfen: "Heiliger Gott - Heiliger starker - Heiliger unsterblicher - erbarme dich unser!" welches ein in Luft verzuckter Knab von den Engeln gehört zu haben zurück gebracht hat. Hätte der Herr Pfarrer nur dieses von der Kirche aufgenommene Gebeth bey der Aufwandelung drei Tag lang abbethen laßen, so wäre es schon genug gewesen."

Nochmalige Mahnung und Schluß

"Wir versehen uns also, daß der Herr Pfarrer von allem Strafsbezug ablaßen, und für das künftige sich beßer begreifen, sonsten wären wir an hocher Gehörde die Anzeige zu machen und die etwa hieraus fließende unangenehmme Mittel zu ergreifen gemüßiget.

Feldkirch, den 22. August 1780. k. k. Kanzlei der Vorderösterreichsichen Graf- und Herrschaft Feldkirch."Archivale August 2013 - Schluss

Bestand:

AT-ADF 1.13. GP Altenstadt 1.1.3.3

Literatur:

Rapp, Topographisch-historische Beschreibung des Generalviakariates Vorarlberg Bd. 1. Brixen 1894, 314 ff.

Näscher, Beiträge zur Kirchengeschichte Liechtensteins Bd. 1, Seelsorger in den Pfarren. Schaan 2009, 354.