Nach dem sogenannten "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich am 13. März 1938 begann die Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten zu arbeiten. Die Archivale des Monats März berichtet davon.

Archivale des Monats - März 2018

Ein Briefkuvert macht Propaganda

Als mit dem Einmarsch der Deutschen Truppen, der Machtübernahme der Nationalsozialisten und schließlich mit dem Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich das Ende des selbständigen Staates Österreich am 13. März 1938 gekommen war, begann unverzüglich die nationalsozialistische Propaganda zu arbeiten. Dass diese Propaganda alle Bereiche umfasste, zeigt ein einfaches Briefkuvert des Canisiuswerks, das an den Subpräfekt des Studentenkonvikts in Feldkirch, Dr. Eugen Burtscher, gerichtet war. Es trägt den Poststempel vom 11. März 1938 und einen Zusatzstempel mit der Aufschrift "Jeder Österreicher stimmt mit Ja!".

Das Studentenkonvikt in Feldkirch

Das Canisiuswerk ist eine 1918 gegründete und bis heute existierende Institution zur "geistigen Förderung und materiellen Untestützung von geistlichen Berufen". Dieses stand in Verbindung mit dem Feldkircher Studentenkonvikt. Das Feldkircher Studentenkonvikt wurde von Stadtpfarrer Anton Ender 1926 gegründet und sollte eine Alternative zum Paulinum in Schwaz bieten. Ziel war die „Bewahrung des Weltpriesterstandes durch die Aufnahme von Zöglingen.“ Als nomineller Regens trat Dekan Anton Ender auf, die Hausleitung übernahmen Dr. Adolf Greißing und später Dr. Gebhard Müller, Dr. Eugen Burtscher und Josef Böckle. Die finanzielle Absicherung wurde durch den in solchen Dingen findigen Caritas-Direktor Dr. Josef Gorbach geschaffen, der vor allem durch sein „Zweigroschenblatt“ den Ankauf und Betrieb des Hauses finanzieren konnte. Das Konvikt bestand bis zu seiner Aufhebung durch die Nationalsozialisten 1938, das Haus selbst wurde beschlagnahmt und 1945 an den Presseapostolatsverein restituiert.

Die Volksabstimmung

Gemeinsam mit der Wahl zum Großdeutschen Reichstag am 10. April 1938 fand die nachträgliche Volksabstimmung über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich statt. In ganz Österreich, aber auch in Vorarlberg wurde Propaganda gemacht: "Höhepunkte der Meinungsmache in Vorarlberg ist eine Großkundgebung auf der Dornbirner Birkenwiese mit dem Wiener Reichsstatthalter Josef Bürckel als Hauptredner. Laut 'Vorarlberger Tagblatt' nehmen daran 35.000 Menschen teil (Pichler 59)." Die Volksabstimmung selbst brachte in Vorarlberg das Ergebnis von 98,1 % Ja-Stimmen. Die Propaganda im Vorfeld dieser "Abstimmung der Ehre" zeigte offensichtlich Wirkung: "Die so erzeugte Woge der Begeisterung reißt auch bisherige Zweifler mit; die sicht- und spürbare Bewegung nach Zeiten der politischen und wirtschaftlichen Stagnation produziert viele MitläuferInnen (Pichler 60)." Die folgenden sieben Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft sind geprägt von Bespitzelung, Verfolgung, Terror, Krieg und Not.

Bestand: GC 7.1.2.1.; Literatur: Meinrad Pichler, Nationalsozialismus in Vorarlberg - Opfer, Täter, Gegner. Innsbruck 2012.

Dokumentation der Ereignisse vom 11./12. März 1938 im online Projekt www.zeituhr1938.at