Die Meldung des vorarlberg museums lässt aufhorchen: Der gotische Flügelaltar aus der Agathakirche auf dem Christberg kehrt nach Vorarlberg zurück. Ein Blick ins Archiv berichtet von seiner turbulenten „Abreise“.

Ein gotischer Flügelaltar

Der gotische Flügelaltar entstand für die neu errichtete Kirche in Silbertal im Jahr 1478 in einer süddeutschen Werkstätte. Später kam er in die Agathakapelle auf dem Christberg. In diesem, vom Bergbau geprägten Kirchlein, stand er viele Jahrhunderte. Im 19. Jahrhundert begann man sich für „kirchliche Altertümer“ zu interessieren: Mit der Präsentation des Silbertaler Altares im Rahmen einer Landesausstellung in Bregenz im Jahr 1887 stiegen auch die Begehrlichkeiten: der Kunstwert führte nun zu Käuferinteresse.

Erste Verdachtsmomente

Bereits 1891 schrieb der damalige Landeskonservator Samuel Jenny an die kirchlichen Behörden in Feldkirch: Es bestehe der Verdacht, dass ein Antiquar aus Lindau den Altar kaufen wolle. Der Generalvikar in Feldkirch wolle „der Verschleppung genannter kirchlicher Gegenstände ins Ausland wirksam entgegen treten.“ Der dazu befragte Pfarrer von Silbertal stellte jedoch fest, dass es keinerlei Anfragen oder Angebote gegeben hätte.

Der Verkauf

Wider besseres Wissen verkaufte der Pfarrer von Silbertal jedoch 1902 den Altar an die Gattin des k.k. Kreisgerichtspräsidenten in Feldkirch. Die Kaufsumme von 600 Kronen verwendete er zur Deckung der drückenden Kirchenbauschuld. Als die Sache ruchbar wurde und der Generalvikar Aufklärung verlangte, rechtfertigte sich der Pfarrer: „Ich habe im Vorhinein erklärt, ich rühre in dieser Angelegenheit keine Feder, es sei ihre Sache, sich die Erlaubniß zu erholen. Am 5. Oktober schrieb mir die Frau, der Hochwürdigste Fürstbischof habe die Erlaubniß ertheilt.“ Tatsächlich hatte der Bischof von Brixen die Erlaubnis erteilt, jedoch in der Annahme, dass der Altar im Privateigentum und nicht im Eigentum der Silbertaler Kirche stand. Als das Denkmalamt davon Wind bekam, wurden sofort Maßnahmen eingeleitet.

Versuchte Rückgängigmachung

Die Behörden begannen nun zu arbeiten, der Akt wurde dicker und dicker: sowohl die Kirche als auch das Denkmalamt versuchten die Unrechtmäßigkeit des Verkaufs nachzuweisen. Zunächst versuchte der Generalvikar eine gütliche Einigung zu finden. Eine solche wurde mit dem Gatten der Käuferin getroffen, der Altar sollte dem „Verein für christliche Kunst und Wissenschaft“ übergeben und somit die Sache gütlich bereinigt werden. Die Käuferin war jedoch anderer Meinung als ihr Mann und es erfolgte keine Rückabwicklung.

Gerichtliche Untersuchung

Nachdem 1911 bekannt wurde, dass der Altar inzwischen ins Ausland verkauft worden war, strengte das Denkmalamt einen Prozess an: Die Finanzprokuratur Innsbruck brachte auf Antrag des Vorarlberger Landesausschusses eine Klage auf Rückgabe ein. Nach langen Erhebungen wurde diese Klage in zwei Instanzen abgelehnt. Landeskonservator Viktor Kleiner bemühte sich weiterhin um einen Rückkauf des Altares, der sich inzwischen in der Nähe von Hannover befand. Wohl auch durch den Ersten Weltkrieg verliefen weitere Spuren und Bemühungen zur Rückerwerbung des Altares im Sand.

Zurück in Vorarlberg

In der Presseaussendung des Vorarlberg Museums zum Ankauf des Altares heißt es: „In den 1960er und 1970er Jahren wurde er zweimal in Auktionen angeboten, das Land Vorarlberg bemühte sich aber erfolglos um einen Rückkauf. Nun ist der Coup gelungen. Das vorarlberg museum konnte im Rahmen einer neuerlichen Versteigerung des Altares das Werk ankaufen und inzwischen auch restaurieren, neben Landesmitteln steuerte auch das Pfarramt Silbertal einen wichtigen Anteil bei.“ Der Altar wird nun bei der Sommerausstellung zum Thema Bergbau ab 10. Juni im vorarlberg museum präsentiert.

 

Historische Beschreibung von Dekan Ägydius Mayer

Flügelaltar Silbertal (1478)

Flügelaltar Silbertal (1478)

Gotischer Flügelaltar aus Silbertal (1478)Flügelaltar aus Silbertal (1478)

Geschlossene Flügel des Silbertaler Altares mit einer Bergmannsdarstellung (Ende 15. Jh.)

In den Unterlagen zum Prozess hat sich aus dem Jahr 1911 eine historische Beschreibung des Altares erhalten:

„Der Altaraufsatz ist ein eckiges Kästchen (Quadrat) ohne weiteren Aufsatz und ohne Seitenverzierungen was bei gotischen Altaraufsätzen sonst immer vorkommt. Im Innern sind meines Wissens drei geschnitzte Figuren, Halbrelief und wie ich glaube darunter ein hl. Georg. Malereien sind im Innern nicht, sondern Goldgrund. Auf dem Inneren (Innerseite) der Flügeltüren sind zwei gemalte gut erhaltene Bischöfe in stehender Stellung glaublich gleichfalls auf Goldgrund. Auf der Außenseite der Flügeltüren befindet sich ein Bild, das eine Landschaft vorstellt, und sich über beide geschlossenen Türflügel erstreckt auch über die in der Mitte sich durchziehenden Leiste. Linksseits ist eine grabender Bergknappe, rechts ein Gebäude, das ein Schloß oder auch einen Teil einer Stadt darstellt. Ich habe es für Konstanz gehalten, weil Konstanzer Herrn das Bergwerk hatten, wie ich gehört habe. Das Landschaftsbild ist noch ziemlihc gut erhalten, die Rahmen jedoch schlecht, ehemals rot angestrichen.“

Fotos: vorarlberg museum / D. Petras

Bestand: AT-ADF 1.13. GP Silbertal 2.5.2.