Vor hundert Jahren - im Jahr 1917 - wurden die letzten Kirchenglocken von den Türmen genommen und zur Rüstungsproduktion abgeliefert. Diese Ablieferungen wurden als besonders schmerzhaft empfunden.

Archivale des Monats - März 2017

Wie schrie es damals auf in aller Herzen...

1917 wurden die letzten Kirchenglocken aus den Türmen abgenommen. Glocken hatten in einer Welt, die noch keinen motorisierten Verkehr kannte, einen anderen Stellenwert - waren sie doch weiter zu hören und strukturierten den Arbeitsalltag genauso wie den Sonn- und Feiertag. In einem im Pfarrarchiv Bizau überlieferten Gedicht wird - natürlich in der Sprache der Zeit - über den Verlust der Glocken berichtet:

Wie schrie es damals auf in aller Herzen,
als uns der grause Krieg die Glocken raubte,
die uns von Kindheitstagen lieb und teuer

und unsre Freunde waren.

Wißt Ihr es noch, wie jubelnd hell und freudig
bei hohen Festen unsre Glocken tönten?
Und wie beim letzten schweren Gang sie dumpf erklangen,

wie sie stöhnten?

Ach! es war schwer, die Glocken hinzuopfern,
die Glocken, von den Ahnen einst gestiftet,
damit sie Gottes Ruhm und Ehre sängen

und Frieden uns bedeuten.

Fast leere Türme

Die Glocken der Pfarrkirche Bizau stammten von der Glockengießerei Graßmayr in Feldkirch und wurden 1880 angeschafft. Da diese Glocken zu neu waren, um als denkmalwürdig zu gelten, mussten alle Glocken bis auf die kleinste abgeliefert werden. Diese einzige Glocke musste nun den Dienst des bisherigen Geläutes übernehmen.

In ganz Vorarlberg

Nicht nur in Bizau wurden die Glocken abgeliefert, aus ganz Vorarlberg mussten Glocken, Orgelpfeifen, Metallgegenstände und sogar Metalldächer von Kirchen an die Rüstungsindustrie abgegeben werden. Die ersten Erhebungslisten für Kirchenglocken aus dem Jahr 1915, die bei weitem noch nicht vollständig waren, sahen ca. 290 Glocken aus Vorarlberg zur Ablieferung vor.

Neue Glocken

Umso mehr war die Freude in den Nachkriegsjahren groß, wenn ein neues Geläute angeschafft werden konnte: Etwa in Bizau, wo 1922 drei neue Stahlglocken aus Kapfenberg eintrafen, die überigens bis heute läuten. Auch diese Anschaffungen waren für die Pfarren mit großen Opfern verbunden: Wegen der Inflation der Nachkriegszeit kosteten beispielsweise die drei Bizauer Glocken 2,269.968 Kronen. Der unbekannte Dichter formulierte es in seiner etwas pathetischen Sprache folgendermaßen:

Des Volkes edler Wille,
des Volkes Opferkraft
hat uns ein neu Geläute, 

hat Glocken uns verschafft.

Bald werden sie erklingen
vom Turme hell udn klar.
O! Mögen sie uns künden

mach glücklich-frohes Jahr!

Bestand: AT-ADF 3. PA Bizau 22.1.; AT-ADF 1.2. GB 15.2.1.