Bischofsblog, mit Bischof Benno Elbs

 „Rassismus ist ein Virus“, hat Papst Franziskus vor kurzem getwittert. Mit dieser klaren Position schließt er sich nicht nur entschieden dem Kampf gegen Rassismus an, sondern weist auch darauf hin, dass Diskriminierung und Fremdenhass eine schleichende Gefahr für die ganze Gesellschaft darstellen. Denn wie ein Virus lauert Rassismus oft im Verborgenen, breitet sich unbemerkt aus und kann so umso größeres Unheil anrichten. Trotz allen Einsatzes für Menschenrechte, Demokratie, Gleichheit und Freiheit in der heutigen Zeit ist die Ausgrenzung und Herabsetzung von Menschen anderer Hautfarbe keineswegs beseitigt. „Rassismus gibt es, weil es Rassisten gibt“, schreibt die Theologin Regina Polak und weist darauf hin, dass Rassismus von Menschen gemacht ist: ein Resultat bewusst betriebener Diskriminierung und Ausgrenzung.

Wenn Vielfalt zum Problem wird

Es ist zu beobachten, dass die verschiedenen Formen von Rassismus oft einen bestimmten Auslöser haben. Kulturelle oder religiöse Vielfalt ist nicht von Haus aus ein Problem. Sie wird vielmehr zu einem gemacht, wenn der eigene Status oder Wohlstand bedroht scheinen.  In solchen Zeiten sind nicht nur People of Colour, sondern alle Minderheiten besonders gefährdet, als Sündenböcke hingestellt zu werden. Schuld sind dann schnell „die Anderen“: jene, die einer „fremden“ Kultur, Religion und Sprachgruppe angehören.

Selbstkritik – Begegnung – Option für die Armen

Rassismus ist nicht angeboren, sondern menschengemacht. Das bedeutet auch, wir können etwas tun: eintreten, auftreten, Widerstand leisten. Was aber kann ethnische, politische und religiöse Vielfalt stärken und so jeder Art von Rassismus den Boden entziehen? Neben vielen anderen sind zumindest folgende drei Punkte aus meiner Sicht wesentlich:

Zunächst braucht es fortwährende Selbstkritik, um rassistische Tendenzen auch in der eigenen Umgebung, vielleicht sogar in eigenen Ansichten oder der eigenen Sprache erkennen und benennen zu können. Das kann ein durchaus schmerzlicher, aber auch heilsamer Lernprozess sein, bei dem es um Fragen geht wie: Wo sehe ich in meinem Umfeld die gleiche Würde aller Menschen bedroht? Wo gehe ich Denk- und Handlungsmustern auf den Leim, in denen Menschen ungleich behandelt werden?

Zweitens benötigen wir Formen der Begegnung, in denen sich Menschen aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Milieus treffen und austauschen können. Gerade der persönliche Kontakt fördert gesellschaftliche und politische Teilhabe. Wer Rassismus bekämpfen will, muss daher das Gemeinsame und Verbindende, das alle Menschen zu einer Menschheitsfamilie macht, als positives Zukunftsbild in den Mittelpunkt stellen.

Und nicht zuletzt sehe ich unsere Aufgabe als Christinnen und Christen darin, die Sicht der Opfer einzubringen und Geschichte und Gegenwart von den Armen, Benachteiligten, Ausgegrenzten her zu verstehen. Denn das Eintreten für Menschen, die ungerechtfertigt an den Rand gedrängt werden, ist eine Form der „Option für die Armen“, die im Zentrum der Botschaft Jesu steht. Sie ist auch uns als Kirche in die DNA geschrieben.  

Dieser Artikel erschien im anstösse.