Interview mit dem Direktor von REEDS, Mr. Satya Bhupal Reddy
Verfasst von Georg Bauer
Mit welchen Problemen sind Sie in Ihrer Arbeit konfrontiert?
Die Armut in der Region hat schlimme Auswirkungen auf das Leben der Menschen, vor allem auf die Dalits und Tribals (Anmerkung: das sind die Ureinwohner/innen, zusammen etwa 27% der regionalen Bevölkerung). Die Lebensgrundlage dieser Menschen steht jeden Tag auf dem Spiel. Es gibt keine Ernährungssicherheit, die Familien müssen 365 Tage im Jahr arbeiten, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Es gibt keine Ruhe und Erholung für diese Menschen, keine Freizeit oder Unterhaltung, für die Frauen gibt es kaum Bildung. Die Alphabetisierungsrate liegt nur bei etwa 33%. Das Leben dieser Menschen ist ein einziger Kampf ums Überleben.
Wovon leben die Menschen?
Hauptsächlich von der Landwirtschaft. Da trifft uns aber der Klimawandel immer stärker. Wir sind die Gegend in Indien, die am meisten von der Dürre betroffen ist. Es regnet entweder viel zu wenig, oder zu unüblichen Zeiten, was die Bewirtschaftung des Bodens weiter erschwert. Im Durchschnitt gehen pro Jahr 648 mm Regen nieder, eine Menge, die kaum für langfristige Landwirtschaft ausreicht. Die ganze Wassersituation verschlimmert die Ernährungslage und die Versorgung mit sauberem Trinkwasser.
Was tun Sie für das ökologische Gleichgewicht?
Wir bieten ökologische Bildungsprogramme an. Zum Schutz der Wälder wurden 24 Dorfkomitees eingerichtet, die sich über Vegetation und Nachhaltigkeit Gedanken machen und geeignete Maßnahmen setzen. Dazu kommen Auffangsysteme für Regenwasser zur Bewässerung und die Sicherung von sauberem Trinkwasser, was wir mit der Inbetriebnahme von über 600 Handpumpen erreicht haben. Insgesamt haben wir schon 35 Biogas-Anlagen und 965 rauchfreie Kochstellen gebaut und auf über 500 ha die Kompostierung und ein Pflanzenschutzprogramm voran getrieben.
Welche Rolle spielen die in Ihrer Region tätigen Baumwoll-Plantagen?
Die großen Baumwoll-Firmen bohren nach dem Grundwasser und zapfen es ab, um damit ihre Pflanzungen zu versorgen, die ja sehr viel Wasser brauchen. Die Folge ist, dass der Grundwasserspiegel weiter sinkt. Dazu kommt noch das soziale Problem der Kinderarbeit: 80% aller Mädchen arbeiten auf Baumwollfarmen. Einerseits riskieren sie dort für wenig Geld ihre Gesundheit, was offiziell natürlich verboten ist. Und andererseits verpassen sie es, die Schule zu besuchen und so ihre Lage zu verbessern.
Wie unterstützen Sie die Mädchen?
Wir ermächtigen mit unserer Arbeit die Mädchen, selbst ihre Lebenssituation zu verbessern. Wie schaffen sie das? Indem sie Lesen, Schreiben und Rechnen lernen, sich Bildung erwerben, was ihre Sicht auf ihr Leben ganz wesentlich verändert. Die Mädchen werden in ihren Talenten gefördert und eignen sich aktiv Wissen zu Gesundheit, Ernährung, Landwirtschaft, Ökologie oder zu ihren politischen Rechten an. Ab 14 Jahren wird ein Berufstraining für Nähen, Körbe flechten, Kerzen gießen, Stricken oder Pilzzucht angeboten, um so der Arbeit auf den Baumwollfarmen zu entkommen. Auf rechtlicher und politischer Ebene setzen wir uns gegen Kinderarbeit und für die Rechte der Kinder ein.
Was bestärkt Sie in Ihrer Motivation?
Die Menschen in den Dörfern sind sehr kooperativ und das motiviert uns, sodass wir die Herausforderungen gut bewältigen. Die alltäglichen Erfahrungen stärken unseren Glauben, dass eine Veränderung der Lebensbedingungen von benachteiligten Menschen möglich ist. Dabei verfolgen wir eine langfristige Perspektive, zu der auch eine schrittweise Veränderung der sozio-politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gehört. Der wahre Erfolg zeigt sich in den Lebensgeschichten der Menschen, deren Lebensumstände verbessert werden konnten.
Welche Bedeutung hat die Unterstützung durch die Dreikönigsaktion?
Die Unterstützung aus Österreich ist sehr wichtig für uns, nicht nur finanziell, sondern auch moralisch. Wir können versichern, dass jeder einzelne Cent, der gesammelt wurde, den benachteiligten Menschen zugute kommt. Im Namen der hier lebenden Menschen möchte ich allen ein herzliches Danke aussprechen!