„Die heutige Jugend“ – ja, kaum jemand kennt diesen Satz nicht. Zu oft in einem negativen Kontext. Aber bei weitem kein neuzeitliches Phänomen, nein. Über Generationen hinweg lautet es von den betagteren Mitmenschen stets: „Die heutige Jugend“. Aber fangen wir von vorne an.

Denk Dich Neu Vorarlberg kooperierte mit dem ebenfalls in der Diözese Feldkirch angesiedelten „Carl Lampert erinnern“. Der seelige Monsignore Lampert wurde aufgrund seines Widerstandes gegen den Nationalsozialismus durch das Fallbeil hingerichtet. Jährlich wird über mehrere Wochen in unterschiedlichsten Weisen an ihn erinnert. Heuer mit dem Thema Schieflage.

Wir riefen zum Kunstprojekt aus, gerichtet an junge Erwachsene. Von den Rückmeldungen gänzlich überrannt, wurden nach dem first come-first serve Prinzip Workshops, Leiter:innen und benötigte Materialpakete organisiert. Von Graffiti über graphic novel bis hin zu Objekten war alles dabei. Unser Ziel: die jungen Erwachsenen sollen eine gebührende und öffentlich wirksame Ausstellungsmöglichkeit bekommen. In der passenden Zeitpanne findet ebenfalls jährlich das Human Vision Film Festival im Spielboden/Dornbirn statt. Glücklicherweise befindet sich direkt gegenüber die Galerie Krafthaus und wie es der Zufall will, war eine der Workshopleiterin auch Gründungsmitglied des Krafthauses. Was will man mehr?


Sonntag, 05.03.2023

Man betritt außen über eine Metallstiege die ursprünglich industriellen Räumlichkeiten der Galerie. Räumlichkeiten, die sehr viel Gestaltungsfreiraum zulassen. An der Bar entlang zieren die Kunstobjekte und laden zum ersten Verweilen und Bestaunen ein. An sämtlichen Wänden hängen bis hoch zur Decke diverse Graffitis und die graphic novel Ecke lässt den Interpretationsmöglichkeiten freie Fahrt. Der Raum füllt sich und füllt sich. Mit den jungen Künstler:innen selbst und deren Familien, genauso wie Kunstinteressierte und Besucher:innen des Human Vision Film Festivals.
14:30 Uhr ist offizieller Startschuss der Vernissage mit Eröffnungsreden. Diverser Applaus und große Freude über die erste, öffentliche Veranstaltung der Galerie. Foto hier, Foto da, staunende Gesichter, erste Preisverhandlungen für Exponate. Auffallend oft werden die Kurzbiografien, die Erklärungen und Herangehensweisen der Künstler:innen zur Hand genommen. Zurecht! Denn was dort zu lesen ist, lässt einen nur noch staunen. Wie intensiv, detailliert und vor allem klar sich die jungen Erwachsenen mit dem Thema Schieflage auseinandersetzten ist mehr als bemerkenswert.
Ja und was ist jetzt mit der „heutigen Jugend“? Der Satz wird zu oft leider nicht fertig gesprochen. Die heutige Jugend macht sich sehr viele Gedanken, versucht kreativ Lösungsansätze zu finden und ist in ihrer nahezu grenzenloseren Motivation überaus engagiert. Die Jugend von heute sorgt sich, sie ist kritisch, sie perfektioniert eine gewisse „Scheiß drauf – machen wir einfach“ Mentalität, sie will es wissen, sie sieht es aus einem anderen Blickwinkel, sie …

Nach diesem beeindruckenden Erlebnis ist klar: Die Jugend von heute ist per se nicht schlecht und macht nicht alles falsch. Im Gegenteil. Wenn die Rahmenbedingungen es zulassen entstehen Dinge, die dieser Floskel nicht gerecht werden. Und wir Alten können uns eine dicke Scheibe davon abschneiden.