Podiumsveranstaltung „Je suis Charlie, IS und andere Mächte“ war ein voller Erfolg. Arbogast. Wie können wir ein friedvolles Miteinander gestalten? Antworten auf genau diese Frage zu finden, war das Ziel der Podiumsveranstaltung „Je suis Charlie, IS und andere Mächte“, am 18. Februar im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast. Rund 90 Jugendliche und Verantwortliche aus der Jugendarbeit, LehrerInnen und PolitikerInnen sind der Einladung durch die „Junge Initiative Arbogast“, der „youngCaritas“ und „okay.zusammen leben“ gefolgt und kamen in Götzis zusammen. „Jenseits von Richtig und Falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns“ im Zeichen dieser Worte des islamischen Mystikers Dschalal ad-Din ar-Rumi, stand auch dieser Abend.

Attentat in Paris
Das alles dominierende Thema "islamistischer“ Terror der vergangenen Wochen und Monate, speziell aber seit dem Attentat auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris, sorgt für Angst, Verwirrung und Ratlosigkeit, nicht nur bei jungen Menschen. Viele Begriffe blitzen durch die Medien - die einen sind pro, die anderen kontra, die Pegida demonstriert bei Montagsdemonstrationen, viele halten dagegen; junge ÖsterreicherInnen ziehen in den vermeintlichen Jihad während Flüchtlinge unter schwersten und für uns nicht vorstellbaren Bedingungen versuchen, genau dieser Gewalt und Grausamkeit zu entkommen. Muslimische ÖsterreicherInnen werden pauschal angefeindet und müssen sich für passiertes rechtfertigen, was weder in ihrer Macht noch in ihrer Ideologie liegt.
Bei all diesen Bedrohungen und geschürten Ängsten bleibt die Frage nach dem Wesentlichen eigentlich auf der Strecke. Es geht nicht darum, sich auf eine Seite zu stellen, Charlie Hebdo, IS oder Pegida zu sein. Es geht um die Frage: Wie können wir, ganz konkret hier in Vorarlberg, friedvoll und konstruktiv ein gemeinsames Miteinander gestalten? „Es sollte ein Abend werden, der die Gemeinsamkeit des Mensch-Seins in den Mittelpunkt stellt – so kann auch das Gute und Gemeinsame eine Macht werden, die sich nicht für das eine oder andere verzwecken lässt“, so die Veranstalterin Katharina Steiner, Junge Initiative Arbogast.

Zuwanderung und Integration

Der interkulturelle Dialog liegt auch Frau Dr.in Eva Grabherr, Geschäftsführerin von okay.zusammen leben, Projektstelle für Zuwanderung und Integration, besonders am Herzen. Neben dem Aufeinander-Zugehen, ist es auch wichtig Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft zu verstehen: „Was ist die eigentliche Frage hinter Paris? Geht es um Religion und Ideologie? Oder darum, wer anerkannt ist in unserer Gesellschaft, wer dazu gehört und wem zugehört wird?", regt die Expertin an.
Um dem Abend einen thematischen Rahmen zu geben, hat Dr. Hüseyin Cicek, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Erlanger Zentrum für Recht und Islam, mit seinem Impulsvortrag in die Thematik des Abends eingeführt. Darin hat er das Thema Terrorismus im Kontext der Globalisierung sowie die Themen Migration und Pressefreiheit zusammengefasst.
Nino Kaufmann von der koje, dem Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung, hat als Moderator gekonnt durch den Abend geführt und einen konstruktiven Austausch ermöglicht. „Mir war es wichtig einen wertschätzenden und ehrlichen Dialog zwischen jungen Menschen, Fachleuten der Jugendarbeit, sowie politisch Verantwortlichen zu unterstützen.“ In der Diskussion war wahrlich Bewegung drin. Bereits zu Beginn wurde das Publikum spielerisch aktiviert um verschiedene Fragen zum eigenen kulturellen Hintergrund zu beantworten. So entsteht ein buntes Stimmungsbild vielfältiger Sprach- und Kulturkenntnisse die das Publikum selbstbewusst einbringen konnte.

Zeichen gesetzt

Mit dieser Veranstaltung wurde ein Zeichen gesetzt, ein Schritt in die richtige Richtung getan. Dass es noch viel zu tun gibt, liegt auf der Hand und das weiß auch Margaritha Matt von der youngCaritas:
„Unsere Anti-RassismustrainerInnen leisten hier sehr wertvolle Arbeit. Sie berichten nicht nur von ihren eigenen Erfahrungen, sondern sie haben auch eine fundierte Ausbildung, die sie befähigt, andere Jugendliche und junge Erwachsene zu informieren (peer-to-peer). Sie können das Handwerkszeug für ein tolerantes Zusammenleben weitergeben.“ Natürlich steht auch das Bildungswesen in der Pflicht, hier eine große Informationslücke zu schließen.

Erfahrungsaustausch

Fundierte Politische Bildung, gegenseitiger Erfahrungsaustausch und interkulturelle Begegnungen sind nur einige Schlagwörter, die das Manko in unseren Schulen und Bildungseinrichtungen beschreiben. Der Abend hat gezeigt, wie viel Unwissen, Verwechslungsgefahr und Unsicherheit in der Bevölkerung herrscht – viel wichtiger aber, die Anwesenden haben ganz deutlich gemacht, wie groß der Wunsch, der Wille und die Bereitschaft für ein gemeinsames Miteinander ist.

Stimmen der Jugend
Enes Alkan, 16 Jahre:
Ich möchte mich für ein besseres Bild von Immigranten einsetzen. Das Schubladendenken muss ein Ende haben. Durch die Praxistage an meiner Schule konnte ich in einen Betrieb hineinschnuppern. Ich bin immer für ein Gespräch mit meinen Mitarbeitern offen und kann so einige Vorurteile abbauen.

Lena Feuerstein, 17 Jahre:
Die Podiumsdiskussion hat mich auf viele neue Gedanken gebracht. Dadurch sind aber auch Fragen aufgetaucht. Ich muss die neuen Infos jetzt erst einmal verarbeiten. Es war eine spannende Veranstaltung bei der ich einiges dazugelernt habe.

Samanta Segat, 22 Jahre:
Ein friedliches Miteinander setzt Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen voraus. Um das zu erreichen ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn Unwissenheit und Unklarheit ist ein guter Nährboden für Angst und Verunsicherung.

Selin Tuncyürek, 14 Jahre:
Eine Welt ohne Rassismus wäre gar nicht schwer zu erreichen. Leider gibt es viel zu viele Vorurteile, die wir erst einmal abbauen müssen. Das geschieht nur durch regen Austausch zwischen den verschiedenen Kulturen die hier in Vorarlberg zusammenleben. Die Podiumsdiskussion war ein Schritt in die richtige Richtung.

Büsra Göktas, 14 Jahre:
Für mich ist ein respektvoller Umgang die wichtigste Grundlage für eine funktionierende Gesellschaft. Das ist auch das was aus der Podiumsdiskussion hervorgegangen ist. Respekt muss im Kindesalter gefördert werden, damit er für Erwachsene selbstverständlich ist.

Moderation: Nino Kaufmann, 37 Jahre alt, Mitarbeiter beim Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung
PodiumsteilnehmerInnen: Jonas Hampl, Samanta Segat – Anti Rassismus TrainerInnen der youngCaritas, Eva Grabherr – GF okay.zusammen leben, Hüseyin Cicek – Politologe und Mitarbeiter am Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa, Aglaia Mika – Islambeauftragte der Diözese Feldkirch/Ethikcenter, Fatma Keskin – Obfrau des Frauenvereins MIMOSA
Informationen: Die Junge Initiative Arbogast bietet Menschen zwischen 16 und 26 Raum für eigene Ideen und Interessen. Das Angebot für junge Erwachsene im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast wird stetig erweitert.

Kontakt: Katharina Steiner, JIA@kath-kirche-vorarlberg.at