Miroslav Mihajlovic ist 25 Jahre alt und Schüler an der Psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege in Rankweil. Interview: Christina Thanner

Wie bist du dazu gekommen?

Ich habe das BORG Götzis mit 17 Jahren abgebrochen und eine Lehre als Maschinenbautechniker gemacht. Nach der Lehre habe ich 2,5 Jahre in dem Job gearbeitet. Ich habe aber immer schon gemerkt, dass mich die Arbeit mit dem „toten Metall“ nicht wirklich interessiert. Eine Kollegin von mir hat zu dieser Zeit die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflegeschule besucht. Wir haben geredet und sie hat gemeint dass ich mir das mal anschauen soll. Da ich sowieso meinen Zivildienst machen musste habe ich mich für die Stelle im LKH Rankweil beworben.

So hatte ich neun Monate Zeit mir ein Bild vom Job als psychiatrischer Krankenpfleger zu machen. Ich wollte die Entscheidung für die Ausbildung fundiert treffen. Als Zivildiener bist du in der Struktur, hörst was die Leute reden, siehst was wirklich abgeht. Nach den neun Monaten Zivildienst habe ich mich dazu entschieden die Ausbildung zu machen.

Ist es leicht in die Schule hineinzukommen? Was sind Voraussetzungen für die Aufnahme?

Man muss 18 sein, in Einzelfällen nehmen sie dich auch ab 17. Es gibt Gespräche, Tests und ein einwöchiges Praktikum. Im Normalfall werden an meiner Schule 35 Leute pro Jahr aufgenommen.

Erzähl mir was über deine Schule und deine Klasse!

Rein schulisch wird viel von dir verlangt, die Ausbildung geht drei Jahre und man hat sofort einen starken Praxisbezug. Der Altersdurchschnitt ist sehr gemischt – von 18 bis 40 Jahren. Viele entscheiden sich erst im zweiten Weg für diese Ausbildung. Ich finde es gut dass die Klassen nicht so groß sind, so lernt man sich besser kennen. Wir haben mit 28 Bewerbern begonnen und sind jetzt noch…naja, 13.

Die Ausfallrate ist im ersten Jahr am höchsten. Anfangs waren es etwas mehr Frauen, viele haben aber aufgehört. Mittlerweile ist es ausgeglichen. 5 Männer, 8 Frauen.


Wie haben deine Freunde und Verwandte darauf reagiert, dass du die Ausbildung machst?

In meinem Kollegenkreis war es bis auf 1-2 Leute so, dass sie gesagt haben sie haben sich gedacht dass es in so eine Richtung bei mir geht. Weil ich immer schon gesagt habe, dass ich im Job als Maschinenbautechniker unzufrieden bin. Und wie gesagt hat mir eine Kollegin die Ausbildung vorgeschlagen, die schon in der Schule war. Aber es waren schon 1-2 Typen die gesagt haben „Weißt schon worauf du dich einlässt und wie viel du da lernen musst? Das trau ich dir nicht zu!“
Mein  Vater war erst kritisch weil es ein schwieriger Job ist, jetzt sind beide Eltern recht stolz dass ich einen Gesundheitsberuf mache. Sie sind froh darüber dass es was „gescheites“ ist.

Wie schaut ein typischer Arbeitstag bei euch auf der Station aus?

Um 7 Uhr startet der Tag mit der Morgenübergabe. Danach kommt es darauf an auf welcher Station man arbeitet:  Auf der Neurologie bringst du den Patienten Frühstück, unterstützt sie beim Duschen, bereitest Therapien vor und assistierst dabei. Tagsüber machst du typische Krankenpflegerarbeiten wie Verbandswechsel, Medikamente richten, Kontrollen und Untersuchungen durchführen etc. Am Abend übergibst du wieder an den Nachtdienst.

Auf der psychiatrischen Abteilung hast du selten Aufgaben wie beim Duschen zu helfen oder andere „körperliche Arbeiten“. Du achtest darauf dass alles mit den Therapien klappt und hilfst, dass Patienten Strukturen einhalten oder diese wieder erlernen. Du musst aktiv auf die Leute zugehen: Mit ihnen reden, zwischen den Zeilen lesen, Dinge mit ihnen aufarbeiten und besprechen.
Ich finde den psychiatrischen Bereich anspruchsvoller und für mich persönlich viel spannender!

Findest du dass mehr Männer diesen Beruf ergreifen sollen?

Generell bist du als Mann in dem Job gern gesehen, Mann reagiert halt doch in bestimmten Situationen anders als Frauen und oft ist genau das gefragt. ZB in Akutsituationen, wo oft vier Männer genug damit zu tun haben, den Patienten zu beruhigen. In solchen Situationen musst du auch körperlich gut drauf und fit sein.

Grundsätzlich kommt es oft vor, dass bestimmte Vorlieben oder Ängste bei den Patienten vorhanden sind. Manche werden lieber von einer Frau betreut, andere lieber von einem Mann. Allein schon, dass man die Wahlmöglichkeit anbieten kann ist wichtig.
Oft finden die Klienten das Gespräch eher mit einem Mann als mit einer Frau, gerade von älteren Patienten werden männliche Pfleger oft bevorzugt.

Auch für das Arbeitsklima auf der Station ist es gut, wenn das Team gemischtgeschlechtlich ist. Es ist förderlich für die Gesamtentwicklung. Es gibt mehr Austausch, es wird weniger überreagiert, die Stimmung ist gelassener – das würden dir übrigens viele weibliche Diplompflegerinnen bestätigen!

Was bringt es dem Jungen oder dem Mann persönlich wenn er diesen Job / diese Ausbildung macht?

Erfahrungswerte die ihm kein anderer Job geben kann – über sich selbst und über die Menschen in seinem Umfeld. Du bekommst während der Ausbildung sehr viele neue Kenntnisse, lernst dich und andere besser zu verstehen. Jeder Tag kann etwas komplett Neues für dich bedeuten und Eigenheiten an dir aufzeigen die du selbst noch nicht gekannt hast. Ich möchte sagen „man lernt fürs Leben“.

Ist der Arbeitsalltag attraktiv?

Du kannst deinen Arbeitsalltag sehr flexibel gestalten, musst auf jeden individuell zugehen. Das muss man halt im Team und mit den Klienten selbst besprechen. Ein paar Schichten Nachtdienst, 2-3 längere Tagesdienste und dann hast du auch wieder ein paar Tage frei. Viele arbeiten lieber tagsüber – da kann man sich gut absprechen was dem einzelnen lieber ist. Im Großen und Ganzen find ich’s aber klasse, es kann einem wie gesagt viel geben.

Wie schaut‘s mit der Bezahlung aus?

Sehr gut! Definitiv einer der best bezahlten Berufe. Außerdem bekommst du gewisse Zulagen wie Nachtzulage oder Gefahrenzulage.
Die gute Bezahlung ist aber auch gerechtfertigt: Wenn du Krankenpfleger und angehende Krankenpfleger fragst ob sie den Job für weniger Geld auch machen würden, bei den Ansprüchen die du zu erfüllen hast, die v.a. im psychiatrischen Bereich auf dir lasten, sagen viele dass sie sich das hart überlegen müssten. Rein aus dem „good will“ raus macht man das meist nicht länger als ein paar Jahre.

Wie schaut‘s mit Jobchancen und Aufstiegsmöglichkeiten aus?

Du hast 100%ig einen Job, denn ältere oder kranke Leute bzw. psychische Krankheiten werden immer häufiger. Du findest immer was. Je nach Bereich musst du vielleicht ein wenig intensiver suchen. Aber gerade mit der psychiatrischen Ausbildung kannst du in Krankenhäusern, Altersheimen aber auch mit Kindern, Jugendlichen, in Drogen- und Beratungsstellen arbeiten. Da hast du extrem viele Möglichkeiten und kannst dir später den Bereich auswählen, der zu dir passt. Die Ausbildung gibt dir auch die Möglichkeit zum suchen und finden, da du in allen Bereich Praktika machen musst, du arbeitest auch eng mit anderen sozialen Berufsgruppen zusammen.

Die Fortbildungs- und Aufstiegsmöchlichkeiten sind auch sehr gut: Stationsleitung, Direktion, Pflegeleitung, du kannst dich weit hinaufarbeiten und massig verdienen wenn dir danach ist – dabei entfernst du dich aber immer mehr von den Patienten.


Welche Eigenschaften muss man für den Job mitbringen? Oder welche gehen gar nicht?

Die Hauptsache, denke ich, ist Empathie. Sich in den anderen hineinversetzen können. Du musst schon relativ geduldig sein, oder zumindest gut zurückstecken können und hart im nehmen sein. Du musst dir etwas sagen lassen und um Hilfe bitten können, musst aber auch bereit sein Verantwortung zu übernehmen und gerade im psychischen Bereich ist Kreativität auch nicht schlecht. Man ist so unterschiedlich im Einsatz, da ist vieles gefragt. Du kannst dir Eigenschaften die du später brauchst natürlich in den Praktika „aneignen“, kein Meister fällt vom Himmel!
Außerdem muss man das Gute sehen können. Oft folgt auf 10 Rückschläge nur ein kleines Erfolgserlebnis. Das musst du Wertschätzen können! Manchmal musst du herumprobieren und dir verschiedene Ansätze überlegen um mit den Leuten etwas aufzuarbeiten oder zu erreichen, aber wenn du willst und es was bringt kannst du dich dabei kreativ voll austoben.

Was würdest du jemanden raten der sich für diese Ausbildung interessiert?

Meiner Meinung nach soll er sich die Situation vor Ort anschauen, Erfahrungen im dem Bereich sammeln. Ein soziales Jahr absolvieren, den Zivi dort machen oder beim Roten Kreuz mitarbeiten, das geht oft schon ab 16 Jahren. So bekommt man einiges mit und kann dann gut für sich entscheiden ob man diesen Weg wirklich gehen will.

Ich habe vorher gesagt dass die Ausfallrate im ersten Schuljahr am höchsten ist. Man kann gut sehen, dass es gerade die Leute trifft, die noch nie was in dem Bereich gemacht haben. Ich finde das aber auch nicht so schlimm, denn wenn du nach ein paar Monaten merkst dass der Job nichts für dich ist und du die Ausbildung abbrichst hast du nicht viel Zeit verloren. Ich sollte vielleicht auch erwähnen, dass ich selbst nie der „Lernstärkste“ war, man kann die Ausbildung aber trotzdem packen.

Grundsätzlich würde ich jedem raten, sich den Job mal anzuschauen. Vielleicht einfach, um eine zweite Option im Hinterkopf zu haben, wenn es mit einem anderem Beruf oder einer anderen Ausbildung nicht klappt. Ich habe ja auch eine andere Lehre davor gemacht. Beim Maschinenbautechniker hat mich das Geld gelockt, ich bin dabei aber nicht glücklich geworden. Wenn ich mit der Ausbildung als Krankenpfleger fertig bin arbeite ich in einem Umfeld welches besser zu mir passt und werde dazu sogar noch mehr verdienen.

Außerdem ist der Job offen für Männer und wird es auch immer sein. Du kannst dich auch mit 35 noch dazu entscheiden die Ausbildung zu machen.