Wenn wir aus Rücksicht auf unsere Liebsten aktuell Abstand halten und zu Hause bleiben, dann führt das im engsten Familienkreis automatisch zu mehr Nähe. Wir verbringen so viel Zeit mit unseren Familien, wie noch selten zuvor. Der Umgang mit dieser ungewohnten Nähe bedingt eine besondere Achtsamkeit in der Partnerschaft, damit die normalerweise stärker getrennten Lebenswelten harmonieren. In einer solchen „Extremsituation“ werden die Rollen der Partnerschaft neu definiert. Dabei ist die Gefahr besonders hoch, dass jemand auf der Strecke bleibt. Vielfach werden uns die Rollen durch äußere Faktoren wie Job oder andere Verpflichtungen aufgedrängt und genau hier liegt der berühmte Hund begraben.

Während beispielsweise bei Familien mit schulpflichtigen Kindern vielerorts Männer auch zu Corona-Zeiten ihrer üblichen Beschäftigung nachgehen (müssen), sind es somit die Frauen, die beim Home-Schooling zusätzlich die Aufgaben der Schulbildung übernehmen und ihr eigenes Berufsleben zurückstecken. Weitere Beispiele sind der Jobverlust oder mögliche Existenzängste im Falle einer Selbständigkeit. All diese Faktoren und der auferlegte Umgang mit einem neuen Alltag belasten eine Beziehung und können zu Spannungen führen. In Verbindung mit der neuen Nähe schafft das eine große Herausforderung für eine Partnerschaft. Diese können wir dann bewältigen, wenn wir gerade jetzt offen miteinander in Verbindung treten, unsere Ängste, Anliegen und Wünsche kommunizieren und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass wir ein ebenso offenes Ohr für unser Gegenüber haben.

Dr. Veronika Burtscher-Kiene
Ehe- und Familienzentrum, Lebens- und Sozialberatung

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