Beitrag aus der Reihe „Gedanken zum Sonntag“ am 4. Juni 2022 in den VN. Der Quellentext, auf den sich dieser Kommentar bezieht, ist das Evangelium zum Pfingstsonntag (Joh 14,15-16.23b-26).

In einem angesagten Unternehmen, das gerade dabei ist, den weltweiten Markt zu revolutionieren, steht ein Generationswechsel an der Spitze bevor. Der Abschied nehmende, charismatische Gründer übergibt sein Vermächtnis an seine auserkorenen Mitarbeiter:innen. Die bahnbrechende Geschäftsidee erfordert zwar von den Follower:innen eine anstrengende Anpassung ihres Lebensstils, verleiht ihnen aber gleichzeitig eine enorme Steigerung ihrer Lebensqualität. Wer bei diesem fast exklusiv wirkenden Zirkel mitarbeitet, darf außerdem kostenlos an den professionellen Supervisionen eines hochkarätigen Coaches teilnehmen, den der Gründer bereits im Vorhinein organisiert hat: „Wenn ihr mit mir innerlich in Verbindung bleibt, werden unsere Pläne in Erfüllung gehen! Worauf ihr hingearbeitet habt, wird die Welt verändern!“

Ihr seid nicht allein

Auch so kann man das Abschiednehmen Jesu neu interpretieren. Er ermutigt seine Jünger:innen: „Bleibt in Beziehung mit mir und ihr werdet euch leichttun, von der Liebe geleitet zu werden. Außerdem schicke ich euch auch noch einen Beistand, der euch ermutigen und anleiten wird.“ Die Liebesbeziehung ist nicht die verdiente Folge einer Anstrengung, die Gebote zu erfüllen. Vielmehr ist sie die Voraussetzung, die lebensbejahenden Grundsätze gut in unser Leben zu integrieren. Damit diese Beziehung lebendig bleibt, wird uns das Elixier der göttlichen Liebe zur Verfügung gestellt: der Heilige Geist, die lebenspendende Energie aus dem Innersten der Göttlichkeit. Damit diese besondere Verbindung aufrecht bleibt, muss ich sie aber auch pflegen. Mir Zeit nehmen für diesen besonderen Partner, ob bei einem gemeinsamen Spaziergang, in einer ruhigen Minute am Abend oder in einer rituellen Form am Sonntag.

Wenn du mich liebst, wirst du es für mich tun!

Im Rahmen der Paarberatung im Ehe- und Familienzentrum erleben wir oft das Scheitern von Beziehungen. Dann nämlich, wenn mit der Zeit aus einer anfänglich romantischen Liebe eine Beziehung voller Forderungen und Vorwürfe wird. Oder wenn mit der Zeit nicht die Person, sondern eine ideale Vorstellung im Vordergrund steht. Oder gar die eigenen Interessen: Damit ich nicht allein bleibe, bzw. damit ich mich im Job realisieren kann. Beziehungen scheitern, wenn Bedingungen und Erwartungen in den Vordergrund rücken. Ähnlich der Logik von Jesus gilt es auch hier: Die Liebe ist die Voraussetzung, um in einer Beziehung glücklich durchs Leben zu gehen.

Bedingungslos geliebt

Der Traum eines jeden Menschen ist bekannt: So sein zu dürfen, wie man ist – ohne einem Katalog an Erwartungen gerecht werden zu müssen. Geborgen zu sein ohne geforderte Gegenleistungen erbringen zu müssen. Kann ich mein Gegenüber verstehen, wenn er/sie das auch von mir wünscht? Lieben, ohne ein „weil“ und „wenn“? Nicht die erfüllten „Gebote“ halten die Partnerschaft aufrecht, sondern die Beziehung selbst ist die wichtigste Investmentanlage des Lebens, deren Dividende die gewünschten Liebesbeweise sind.

Verbindungs-Update

Der Kopf weiß es bereits. In den Partnerschafts-Ratgebern wird es logisch dargelegt. Die Erfahrungen einiger Paare bestätigen es. Doch im Leben geht es oft drunter und drüber. Worin zeigt sich denn eine lebendige Beziehung? Am ehesten in einer lebendigen Kommunikation. Damit diese nicht abbricht und lediglich auf die Alltagsorganisation reduziert wird, braucht es ein regelmäßiges Update. Die Software-Firmen zeigen uns, dass es möglich ist: Ohne Wenn und Aber sind wir bereit, uns fast täglich eine Aktualisierung zu gönnen, um in Verbindung zu bleiben.

Wiederherstellung aktivieren

Wie könnten automatische Updates aktiviert werden? Und wie lässt sich eine Sicherheitswarnung einstellen, bevor die Verbindung abzubrechen droht? Wir dürfen auf die beziehungsstärkende Kraft vertrauen, die uns Gott in unser Herz gelegt hat. Jedes Paar entwickelt mit der Zeit ein wohltuendes System an stärkenden Aktualisierungen. Aber wir dürfen sie auch bewusst abrufen und auf den Beistand, die belebende „Ruach“ und ihre Impulse setzen. Der Geist Gottes wirkt außerdem durch viele begabte Menschen und Kontexte, wo man in Not Ideen, Beratung oder Kommunikationstraining in Anspruch nehmen kann.

Abschließend muss man es Jesus einfach lassen, dass er wieder einmal überrascht. Er kehrt die Forderungskausalität um: Man muss keinen Anforderungskatalog abarbeiten, damit man eine Beziehung eingehen darf. Vielmehr meint er, dass ein:e Liebende:r um das Wohlbefinden des Gegenübers bemüht sein sollte. Eine bewusst gepflegte Beziehung, ob zu Gott oder zu einem wertvollen Menschen, ist die Voraussetzung für gelingendes Leben, und nicht umgekehrt!

MMag. Bohuslav Bereta MSc