Robert kommt zu mir in die Männerberatung, um etwas Rechtliches abzuklären. Das fällt nicht in meine Beraterkompetenz und ich gebe ihm die Adresse eines Juristen aus unserem BeraterInnen-Team. Wir kommen dennoch ins Gespräch und er erzählt mir, dass er zurzeit bei seinen beiden Kindern ist und seinen Beruf als Lichttechniker gegen Vater & Hausmann eingetauscht hat.

Da ich in Folge zwei weitere Karenz-Väter interviewte, stelle ich Ihnen hier die Ergebnisse meiner Gespräche in konzentrierter Form vor:

Frage: Wieviel Kinder habt ihr?
Robert: wir haben zwei Kinder im Alter von 8 und 11 Jahren.
Stefan: wir haben drei Kinder. Eines ist 9, Zwillinge mit 6.
Andreas: wir haben drei Kinder im Alter von 4, 5 und 7 Jahren

Frage: Was hat Sie bewogen, in die Väter-Karenz zu gehen?
Robert: Es macht Sinn für mich. Und auch Spaß  mit den Kindern. Ich verbringe viel Zeit mit ihnen und werde miteingebunden in die täglichen Sorgen und Freuden.
Stefan: Es war schon lange ein Lebenstraum von mir bzw. von uns. Es war ein großer Luxus, den wir uns geleistet haben, die ersten Jahre der Erziehungsarbeit uns zu teilen.
Andreas:  a) den Kontakt mit und die Nähe zu meinen Kindern zu vertiefen, b) eine Auszeit zur Arbeitswelt und c) die Neugier, etwas ganz anderes zu versuchen.

Frage: Welche Erfahrungen macht MANN als Karenz-Vater?
Robert: Du hinterfragst, welche Werte du deinen Kindern vermittelst. Kinder sind keine Haustiere oder eine Soldatentruppe. Für sie muss ihr Tun Spaß und Sinn machen, aus ihrer Sicht. Mit Belohnung kann man viel erreichen, mit ehrlicher Anerkennung noch mehr. Wenn sie älter werden, reagieren sie wie ein kritischer Gemeinderat und möchten alles genau wissen, vor allem wenn es um unbequeme Sachen geht. Es wird einfach Liebe, wenn man sie -  mit ihrem Urvertrauen in uns - aufwachsen sieht.
Stefan: ich habe mich selten so „männlich“ gefühlt wie in dieser Zeit meiner Karenz, weil ich diese männliche Rolle der Vaterschaft bewusst gelebt habe.
Andreas: Wir hatten uns damals für das Karenzmodell 12+2 entschieden: meine Frau nutzte die ersten 8 Monate und ich im Anschluss die 6 Monate. Mir ist es in der Karenzzeit sehr gut gegangen. Sie war für mich eine große Bereicherung.

Die Reaktionen im privaten Umfeld waren durchwegs positiv. Ich habe einen Kochkurs für Männer gemacht. Neu und vielfältig habe ich die Aufgaben im Haushalt, Kindererziehung, Organisation der Familie erlebt. Aus beruflicher Sicht sind größere Herausforderungen entstanden.

Frage: Wie reagierten darauf – deine Frau – deine Kinder – dein Umfeld?
Robert: Unterschiedlich. Von Männern die auf Erfolg und Existenzgründungskurs sind wirst du belächelt („das macht doch die Frau“!). Von kurzsichtigen Firmenchefs mitunter auch beschimpft. Von vielen Frauen gelobt und verstanden, teilweise sogar bewundert dafür, dass man die Hausarbeit und Kindererziehung ernst nimmt. Meine Frau war begeistert von meiner Karenz-Entscheidung. Von Männern, die Familie haben, kommt kein Kopfschütteln mehr. Sie wollen meist die Gründe und Umstände erfahren. Die finanziellen Aspekte werden oft angesprochen. Meine erste Tochter  hat viel Nähe eingefordert. Sie hat aber immer akzeptiert, dass Mama arbeiten geht und Papa daheim ist. Von meinem Umfeld wurde ich nie kritisiert, aber um mir Respekt zu verschaffen musste ich an Wochenenden wieder richtig anpacken.

Stefan: Mit meiner Frau hatte ich schon lange vorher darüber gesprochen und wir waren uns einig. Für uns als Paar war der Rollentausch zum gegenseitigen Verständnis wertvoll. Für die Kinder war es von klein auf normal, dass auch Papa Hausarbeit machte. Es hieß allerdings nicht unbedingt, dass ich als Papa in der Karenz mehr mit den Kindern spielte, weil ich auch den Haushalt schaukeln musste.  Das Umfeld reagierte fast zu euphorisch. Vor allem Frauen, die oft Jahrzehnte bei ihren Kindern waren, lobten mich in den Himmel; dabei ging es bei mir nur um ein bzw. bei den Zwillingen um 2 Jahre. Das Risiko, dass ich nach den Karenzzeiten jeweils eine andere berufliche Herausforderung (im gleichen Unternehmen) suchen musste, hat sich rentiert.

Andreas: Die „radikale“ Umstellung war anfangs ungewohnt. Es hat mich an Schulwechsel, eine neue Arbeitsstelle, neue Ausbildung, ein neues Projekt, Vorbereitungszeit auf eine große Prüfung erinnert. Die neugierige, motivierte Haltung hat sich auch auf mein Umfeld übertragen. Spaziergänge mit meinen Kindern und auch Einkaufsgänge voll bepackt mit den Kindern stießen durchwegs auf positive Reaktionen. Der Wiedereinstieg ins Berufsleben gestaltete sich schwierig und war die größte Herausforderung in diesem ganzen Projekt.

Frage: Würdest du es wieder tun?
Robert: Ja, unbedingt. Ich würde es wieder und gerne machen. 
Stefan: Ja! 
Andreas: Heute bin ich selbständiger Unternehmer. Ich würde mich wieder dafür entscheiden, wenn sich der daraus resultierende finanzielle und auch wirtschaftliche Ausfall organisieren lässt. Eventuell eine kürzere Zeit. In einem Angestelltenverhältnis wie ich es damals war (Führungsposition) würde ich aus heutiger Sicht Abstand nehmen.

Ich würde jedem Mann raten, die Konsequenzen zu diesem Vorhaben reiflich zu durchdenken, mit der Partnerin und dem Arbeitgeber gut abzusprechen.

Soweit die persönlichen Erfahrungen von drei Männern und Vätern aus ihrer Karenz-Zeit.

Wie sieht es nun im Allgemeinen aus ?

Aktuell beträgt die Väterquote bei Karenzen in Österreich 4,5%. Viele Väter überlegen ernsthaft, in Karenz zu gehen. Zwei Drittel der Männer wären bereit dazu, tun es dann aus verschiedenen Gründen aber nicht. Die Hauptgründe sind einerseits finanzieller Natur, andererseits in der Angst um die eigene Karrierebegründet. AKOÖ-Präsident Johann Kalliauer meint dazu: „Eltern, auch Väter, haben das Recht, in Karenz zu gehen. Für Männer gelten die gleichen Diskriminierungsverbote wie für Frauen“, betont Kalliauer. Dies bedeutet, dass auch Männer in Karenz gehen, weder gekündigt noch entlassen werden dürfen.

Tatsächlich gibt es aber noch in vielen Betrieben Vorbehalte, es fehlen noch flexible Arbeitszeitmodelle für Männer,  und wir sind wohl noch ein Stück davon entfernt, daß Väter-Karenz zur Selbstverständlichkeit wird. Vor allem würde es Vätern erleichtern, sich bei der Betreuung ihrer Kinder zu engagieren, wenn die Führungsebene einer Organisation ein klares und eindeutiges Signal kommuniziert: elternorientiertes Verhalten von Vätern ist erwünscht und aktive Väter sind ein Gewinn.

Für weiterführende Informationen zum Thema empfehle ich die folgenden links im Internet:

  • Models of earning and caring: trends, determinants and implications. Eine kanadische Studie zu partnerschaftlicher Familienarbeit, die belegt, dass – je mehr sich Männer an der Familienarbeit beteiligen – umso länger Beziehungen und Ehen halten.
  • Elternorientierte Personalpolitik mit Focus auf Väter in Niederösterreich (pdf)

Schließlich wendet sich Stefan nochmals an die – vielleicht noch unentschlossenen – Väter:
Was ich anderen Männern/Vätern noch sagen möchte: Es ist eine große Chance für dich als Mann und die Beziehung zu deiner Frau und deinen Kindern. In 10 oder mehr Jahren tut es dir vielleicht leid, diese Chance nicht ergriffen zu haben.

Albert A. Feldkircher
Männerberater im Ehe- und Familienzentrum

Jänner 2016