Willi Hagleitner (76) wurde als Gründervater des Ehe- und Familienzentrums (efz) zu dessen Ehrenvorsitzenden ernannt. 37 Jahre lang hat er das efz maßgeblich mitgestaltet. Das KirchenBlatt sprach mit dem talentierten Netzwerker, der so etwas wie eine katholische Institution im Land darstellt.

Bild oben: efz-Vorstand: DI Mag. Rainer Büchel, Mag. Edgar Ferchl-Blum, Dr. Susanne Winder, Willi Hagleitner, PAL Martin Fenkart und Gabriele Strele (von links, Gertraud Lässer fehlt). 

Wolfgang Ölz

Die Ernennung zum Ehrenvorsitzenden sieht Willi Hagleitner sehr nüchtern. Es handle sich dabei um eine „Alterserscheinung“, aber es sei natürlich auch ein Zeichen der Wertschätzung. Neben der Tätigkeit als Familienverbandsobmann, der ihm im Volk den Titel „Mister Familienverband“ eintrug, ist die Gründung des Ehe- und Familienzentrums mit dem späteren Bischof Dr. Elmar Fischer die große Tat des jungen Willi Hagleitner. „Eigentlich war die Gründung ein Alleingang. Da sind wir über alle Gremien hinweggegangen, weil sonst hätte man es, wie so manches in politischen und katholischen Kreisen, zerredet.“

Rückhalt durch seine Frau Ehrentraud
Hagleitner erinnert sich, dass seine Frau Ehrentraud - damals hochschwanger - zu Bischof Bruno Wechner nach Feldkirch gefahren war, weil das Land Vorarlberg eine Mitfinanzierung von der Beteiligung der Diözese abhängig gemacht hat.  Nach der Unterschrift des Bischofs kam das Konzept des efz in den Landtag und wurde genehmigt. „Seitdem hat sich das Kind wunderbar entwickelt.“ Zentral war für Willi Hagleitner der Rückhalt seiner Frau, stand er selbst doch voll im Beruf als Gesellschafter und kaufmännischer Leiter im Familienbetrieb „Kiechel & Hagleitner“ und hatten sie doch gemeinsam sieben Kinder. Obwohl er Familienverbands-obmann war, so merkt Hagleitner selbstkritisch an, sei er keineswegs ein vorbildlicher Familienvater gewesen. Er sei zwar dagewesen, wenn seine Kinder ihn gebraucht haben, aber nicht so intensiv wie die heutigen Väter.

Das Wohl der Kinder
Willi Hagleitner musste bei seinem zukünftigen Schwiegervater 1965 noch einen schriftlichen Antrag stellen, damit er die damals noch nicht 21 Jahre alte Ehrentraud heiraten durfte. Im Unterschied zu früher - die Hagleitners waren zwei Jahre verlobt - werden heute Beziehungen sehr rasch eingegangen. Hagleitner möchte den jungen Menschen mit auf den Weg geben, dass sie sich intensiver miteinander, auch mit den Ursprungsfamilien auseinandersetzen, damit eine hoffentlich lebenslange Bindung eingegangen werden kann. Was bleibt eigentlich von den „hohen vatikanischen Ansprüchen“ für die Familien, wie sie im Leitbild des efz formuliert sind, für die kirchliche Praxis in Vorarlberg? „Wie Papst Franziskus sagt, geht es erstens um die Barmherzigkeit und zweitens um die Achtung der persönlichen Situation der jeweiligen Menschen. Ich halte nichts von einer Ausgrenzung, weil jemand geschieden und wiederverheiratet ist. Die Kirche hat kein Recht zu sagen, die dürfen nicht zur Kommunion gehen.“ Ein Schlüsselwert des Familienlebens ist für ihn das Wohl der Kinder. „Geht es den Kindern gut, dann geht es auch den Eltern gut - und umgekehrt.“

Im Un-Ruhestand
Auch nach seiner Pensionierung 2005 hat Willi Hagleitner seine Aktivitäten fast ungebrochen im „Un-Ruhestand“ fortgeführt. Beispielsweise ist er seit 1965 im Integrations- und Migrationsausschuss der Stadt Bregenz und seit 1968 als Vertreter der Familien im Wohnbauförderungsbeirat des Landes tätig. So geht etwa die Staffelung der Wohnbauhilfe nach Kinderanzahl und Einkommen auf Willi Hagleitner zurück. Für die Sanierung des  Bildungshauses Batschuns organisierte er die Finanzierung von 5,2 Millionen Euro. Weiterhin ist er Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Maria Ebene.

Nach links
Die Begegnung mit Menschen mit Suchterkrankungen ist für Hagleitner selbst sehr bereichernd geworden: „Ich konnte feststellen, was für wertvolle Menschen das sind, die trotz allem gegen ihre Sucht kämpfen.“ Willi Hagleitner sagt von sich, dass er auch gereift ist. Anfänglich ins erzkonservative Eck gestellt, hat er durch sein Handeln bewirkt, dass er - obwohl immer noch katholisch - eigentlich nach links gerückt sei, und doch immer mit allen reden konnte.

(aus dem KirchenBlatt Nr. 2 vom 12. Jänner 2017)