Seelsorgerische Begleitung von homosexuellen Frauen und Männern und deren Angehörigen hat in der Diözese Feldkirch einen festen Platz bekommen: Nach einem Jahr Vorarbeit wurde im Sommer 2015 der Diözesane Arbeitskreis Homosexuellenpastoral (DAHOP Vorarlberg) als Einrichtung der Diözese eingesetzt. Er gehört organisatorisch zum Ehe- und Familienzentrum (efz).

Susanne Winder

Neue Entwicklungen. In der ersten Predigt nach seiner Wahl beschrieb Papst Franziskus die Aufgabe pastoralen Wirkens als „Einander-Behüten in Vertrautheit, gegenseitiger Achtung und im Guten“. Er betonte die Verantwortung eines jeden Menschen, „sich um alle zu kümmern, um jeden Einzelnen, mit Liebe, (…).“

Ein solches Verständnis von Seelsorge und die Aufforderung des Papstes, immer neu mit dem Blick Jesu auf Situationen und Menschen zu schauen hilft der Kirche, Engführungen zu überwinden und ermöglicht Neues. Die Einsetzung des Diözesanen Arbeitskreises Homosexuellenpastoral (DAHOP) als Einrichtung der Diözese Feldkirch im vergangenen Sommer ist ein Ergebnis dieser Öffnung. Am kommenden Montag gibt es nun zum ersten Mal eine Veranstaltung, die von DAHOP-Vorarlberg mitgetragen wird: Die Arbeitsgruppe Homosexualität Österreich trifft sich zu ihrer jährlichen Klausur in St. Arbogast. Erstmals kommt auch ein Bischof zu diesem Treffen. Bischof Benno wird von der Familiensynode berichten und wie er die Homosexuellenpastoral in seiner Diözese sieht.

Ein Auftrag für das efz. Strukturell ist der Arbeitskreis dem Ehe- und Familienzentrum (efz) der Diözese zugeordnet, seine Mitglieder werden in Abstimmung mit dem efz-Vorstand ernannt und der Leiter des efz trägt die Verantwortung für die Arbeit der Gruppe. Derzeit ist das Mag. Edgar Ferchl-Blum. Ihm ist DAHOP ein wichtiges persönliches Anliegen: „Wir glauben, dass Gottes Liebe bedingungslos allen Menschen gilt, in der Konkretheit ihrer ganzen Existenz. Der bisherige Umgang der Kirche mit dem Thema Homosexualität hat viele Menschen, die gläubig sind und sich der Kirche zugehörig fühlen, verunsichert und häufig zutiefst verletzt. Ich möchte, dass die Kirche mit diesem Thema anders umgehen lernt.“ Die Basis für diesen neuen Umgang steht im Grundlagenpapier, das von DAHOP erarbeitet worden ist: „Die Unterschiedlichkeit und Vielfalt von Menschen – auch in ihrer sexuellen Veranlagung – sehen und erleben wir als Geschenk und als kostbar.“

Raum geben. Sich kennenlernen, sich verstehen lernen, sich schätzen – das sind drei Schritte zu einem fruchtbaren Miteinander von homosexuellen und heterosexuellen Menschen. Homosexuelle sollen ihren Platz nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche finden können. Dafür braucht es Möglichkeiten zur Begegnung und zum Austausch, bei dem – in gegenseitiger Wertschätzung – auch unterschiedliche Positionen stehen bleiben dürfen. Raum für solche Begegnungen zu schaffen ist für die Mitglieder des Arbeitskreises eine ihrer wichtigsten Aufgaben.

Dialogische Seelsorge. Eine weitere wichtige Aufgabe sieht der Arbeitskreis Homosexuellenpastoral im Beraten und Begleiten. Er vermittelt Kontakte zu geschulten Seelsorgerinnen und Seelsorgern, Therapeutinnen und Therapeuten, die die sexuelle Orientierung als wesentlichen Teil der Persönlichkeit anerkennen. Diese Beratungs- und Begleitungsangebote gelten nicht nur einzelnen homosexuellen Frauen und Männern, sondern sind auch offen für gleichgeschlechtlich liebende Paare und deren mögliche Probleme bei der Gestaltung ihrer Partnerschaft. Der Steyler Missionar P. Pepp Steinmetz, der schon in Innsbruck beim Aufbau des Diözesanen Arbeitskreises Homosexuellenpastoral mitgeholfen hat und nun auch Mitglied des DAHOP Vorarlberg ist, meint: „Kern der Seelsorge ist für mich die Unterstützung und Förderung von Beziehungen.“ Selbstverständlich gelten die Angebote auch den Eltern und Angehörigen. Auch Großeltern und andere Menschen der älteren Generation sollen Ansprechpartner finden.

Informieren und Stellung nehmen. Neben dem geschützten Raum der Seelsorge und Beratung ist dem Arbeitskreis Homosexuellenpastoral auch Bildung, Information und öffentliches Stellungnehmen wichtig. Nach wie vor gibt es in Gesellschaft und Kirche Vorurteile gegen homosexuelle Menschen. Gesamtkirchlich gesehen ist noch viel Bewusstseinsarbeit notwendig, wie sich auch bei der Familiensynode im November gezeigt hat. Da wurde das Thema Großteils ausgeklammert, weil es zu konfliktträchtig gewesen wäre. „Wenn ich auf die 20 Jahre zurückschaue, in denen ich mich in Vorarlberg zu diesem Thema engagiere, sehe ich, dass es noch nie eine solche Öffnung in der Kirche gegeben hat. Gleichzeitig ist mir aber auch bewusst, auf wie dünnem Eis wir uns bewegen. Ob diese Türe offen bleiben kann, hängt noch viel zu sehr von den Personen ab, die die Kirche leiten“ sagt der Krankenhausseelsorger Johannes Heil, ebenfalls Mitglied des Arbeitskreises. „Mein Traum in diesem Zusammenhang ist 1 Kor 12, wo Paulus die Kirche als Leib mit vielen unterschiedlichen Gliedern beschreibt. In diesem Leib gibt es alles, Homosexuelle, Bisexuelle, Heterosexuelle… - alles ist eins, eins kann nicht ohne das andere sein, wir sind aufeinander angewiesen.“

Es ist noch ein weiter Weg bis dorthin. Für viele betroffene junge Menschen kommt diese Entwicklung zu spät, sie haben gelernt, sich ohne Kirche zu organisieren. Aber noch immer leiden Menschen unter der bisherigen Haltung der Kirche homosexuellen Menschen gegenüber. Für diese und für die Kirche als Ganzes begrüßt der Arbeitskreis jeden Schritt, der auf das Ziel zu führt, das Jesus als den Willen Gottes verkündet: dass Menschen das Leben haben und es in Fülle haben.

Dr. Susanne Winder ist Mitglied des Vorstandes des Ehe- und Familienzentrums und arbeitet in der Arbeitsgruppe DAHOP mit