Das Ehe- und Familienzentrum der Diözese Feldkirch - kurz EFZ - feierte sein vierzigjähriges Bestehen mit einem großen Vernetzungstreffen. „Beziehungen im Wandel der Zeit – Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft“ war Titel des Festvortrages von Erich Lehner und Thema der gesamten Veranstaltung. Sie zeigte: Es geht um das Wohl der Menschen.

Wolfgang Ölz

Nicht nur MitarbeiterInnen, sondern auch VertreterInnen zahlreicher Partnerorganisationen aus ganz Österreich kamen in den Pfarrsaal nach Tisis. Sogar ein Geschenk gab es für das "Geburtstagskind": Pfr. Franz Harant aus Linz, Leiter der Regenbogenpastoral Österreich, überbrachte es mit den besten Wünschen für die Zukunft. Einen Blick in die andere Richtung, nämlich in die Vergangenheit, warf Willi Hagleitner. Er war gemeinsam mit dem späteren Bischof Elmar Fischer der Gründervater des Ehe- und Familienzentrums. Der langjährige Vorsitzende und nunmehrige Ehrenvorsitzende des EFZ erinnerte sich an die Geburtsstunden dieser diözesanen Einrichtung: Sie spürten damals das große Bedürfnis der Jugend und auch der mittleren Generation für bleibende Beziehungen. Gleichzeitig stellten die zunehmenden Scheidungszahlen nach der Meinung der Gründerväter dieses Bedürfnis vehement in Frage. Hagleitner und Fischer kamen zu dem Schluss, dass Menschen und Familien Begleitung und Unterstützung in ihrem Anliegen nach gut gelebten Beziehungen brauchten. Aus diesem Grund riefen sie das EFZ ins Leben.

„Wir sind das EFZ!“

Heute ist das Sozial- und Bildungsgefüge des Landes ohne das EFZ nicht mehr vorstellbar. Der heutige Leiter des Ehe- und Familienzentrums, Edgar Ferchl-Blum, beschreibt den rechtlichen Status ähnlich wie den der Vorarlberger Caritas. Ihm als Leiter ist der Vorstand übergeordnet, der vom Bischof ernannt wird. Neben Edgar Ferchl-Blum gehören diesem Vorstand die Vorsitzende Susanne Winder, Pastoralamtsleiter Martin Fenkart, Pfarrer Rainer Büchel, Gabriele Strehle und Gertraud Lässer an, deren Amt nun in die jüngeren Hände von Theresia Abbrederis gelegt wird. Der Finanzierungschlüssel der Institution setzt sich aus Geldern von Diözese, Land und Bund zusammen. Sieben fix Angestellte stehen 65 freien DienstnehmerInnen gegenüber. Die Bereiche sind Sexualpädagogik, Ehevorbereitung, Paarbegleitung, Alleinerziehende, Gigagampfa, Natürliche Empfängnisregelung (NER), Regenbogenpastoral sowie juristische, psychosoziale und Männer-Beratung. Veranstaltungen wie 40-Jahre EFZ sollen dazu dienen, die Berater/innen untereinander zu vernetzen, frei nach dem Satz: „Wir sind das efz.“

Immer schon viele Trennungen

Der Psychoanalytiker und Theologe Erich Lehner entwickelte in seinem Festvortrag „Beziehungen im Wandel der Zeit, Vergangenheit - Gegenwart – Zukunft“ eine kulturwissenschaftlich fundierte Sicht auf das Phänomen der zwischenmenschlichen Beziehungen. Lehner bestätigte, dass die Menschen heute, genauso wie in der Gründungsphase des EFZ, Sehnsucht nach dauerhaften Beziehungen haben. Erstaunlich war seine These, dass die hohen Scheidungszahlen heute historisch gesehen keineswegs außergewöhnlich seien. In der Geschichte habe es immer ein sehr hohes Trennungsniveau gegeben, lediglich nach dem 2. Weltkrieg habe sich kurzfristig eine hohe Zahl von ehelichen Partnerschaften etablieren können. Es bedarf, so Lehner, „kirchlicher Pastoral, Räume und Rituale um Scheitern, Trennung und Neuanfang zu bearbeiten.“ Die neue sexuelle Revolution mit selbstverständlichem Zugang zu Pornographie, Online-Dating, rauschhaftem Konsum von käuflicher Liebe sind Erscheinungen, mit denen sich eine Institution wie das EFZ auch auseinandersetzen muss.

Retraditionalisierung

Petra Steinmair-Pösel wies in ihren Resonanzen auf den Vortrag von Erich Lehner am Nachmittag als Sozialethikerin auf zwei aktuelle Aspekte im Blick auf das Thema „Beziehungen im Wandel der Zeit“ hin: Zunächst stellte sie die Frage, wie unsere kapitalistisch geprägte Kultur sich auf Beziehungen auswirkt. Auf die Forschungen der Soziologin Eva Illouz aufbauend, betonte sie, dass in der gegenwärtigen Kultur nicht nur Gefühle wie Liebe oder die Sexualität vermarktet werden. Auch Menschen selbst werden zunehmend zur Ware (gemacht), indem die Marktlogik auch in Beziehungen Einzug hält: auf dem Markt der möglichen Partner/innen ließe sich immer ein noch erfolgreicherer Partner, eine noch attraktivere Partnerin finden. Im zweiten Teil führte sie dann zentrale Ergebnisse einer österreichischen Geschlechterstudie aus: Geschlechterrollen sind im Wandel – doch zeichne sich nach einem anfänglichen Aufbruch eine teilweise Retraditionalisierung ab. Dass (junge) Frauen sich tendenziell moderner verstehen als (junge) Männer, liefere freilich auch Sprengstoff für Beziehungen und fordere ein hohes Maß an Kommunikationskompetenz.